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„Update in moderner restaurativer Zahnmedizin“

Vertreter der Universität Genf (v.l.): Dr. S. Ardu, PD Dr. D. Dietschi und Dr. G. Rocca (Foto: Roman Wieland)
Roman Wieland

Roman Wieland

Mo. 3 Januar 2011

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FREIBURG - Einen Überblick zu den aktuellsten Entwicklungen im Bereich der präventiven, restaurativen und ästhetischen Zahnmedizin gab es auf der 15. Jahrestagung der SVPR. Med. dent. Roman Wieland war vor Ort.

Am 30. Oktober 2010 fand die 15. Jahrestagung der Schweizerischen Vereinigung für Präventive und Restaurative Zahnmedizin (SVPR) in Freiburg statt. Zahlreiche Referenten aus dem In- und Ausland trafen sich an der Grenze zwischen Romandie und Deutschschweiz, um unter dem Tagungsthema „Update in moderner restaurativer Zahnmedizin“ unterschiedlichste Aspekte über die neuesten Entwicklungen im Bereich der restaurativen Zahnmedizin zu präsentieren.

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Belohnung, wenn KEINE Füllung gemacht wird
Prof. Albert Feilzer vom Akademischen Zentrum für Zahnmedizin in Amsterdam (ACTA) berichtete über die Zahnmedizin 3.0 in Holland. In deren Vorklinikkurs lernen die Studenten an 3-D-Simulatoren von Boeing pathologische Szenarien in fotorealistischer Simulation mit Force-Feedback und in 3-D zu behandeln. Im neuen und geräumigen Gebäude stehen 50 solcher Geräte im Einsatz. Feilzer betonte zu Beginn seines Vortrags, dass er das Ziel der Schweizerischen Vereinigung für Präventive und Restaurative Zahnmedizin (SVPR) „Die Förderung der Prophylaxe und präventive Betreuung, um die orale Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern“ voll und ganz unterstützt. Der Zahnarzt soll nicht nur einfach Füllungen machen, sondern die Lebensqualität der Patienten steigern.

Allergien auf Nickel und Gold, zwar nur selten auftretend, sind typische Beispiele für Beeinträchtigungen nach einem zahnmedizinischen Eingriff. Spannend am Referat von Feilzer war die Vorstellung des holländischen Zahnmedizin-Systems. Von Gesetz her ist geregelt, dass auch Personen ohne Zahnarztdiplom Füllungen legen dürfen, nur Injektionen und chrirurgische Eingriffe sind auf Zahnärzte beschränkt. Ca. 60% der zahnmedizinischen Arbeiten, wie z. B. einfache Füllungen, werden an die Dental­assistenten delegiert. Die Rolle der Dentalhygienikerin wurde aufgewertet, das Studium auf sechs Jahre verlängert. Dieses zahnmedizinische System läuft nun seit vier Jahren, bräuchte aber laut Feilzer noch etwa 15 Jahre, bis es eingespielt sei. Nach seiner Meinung praktizieren in Holland zukünftig nur noch halb so viele Zahnärzte, dafür aber doppelt so viele Dentalhygienikerinnen.

Bohren, nein danke!

Nach einer kurzen Repetition der Kariesentstehung und deren Pathologie zeigte PD Dr. Patrick Schmidlin, Zürich, auf, dass ein Zahn bis zur Extraktion nur etwa fünf Mal bearbeitet werden kann:

1. Kleine Füllung
2. Interdentale Füllung
3. MOD Füllung
4. Wurzelkanalbehandlung
5. Stiftaufbau und Krone. 

Wird die erste Füllung bereits im Alter von 10 Jahren gesetzt und hat eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren, so ist der Zahn im Alter von 60 Jahren nahe der Extraktion und eine Implantatversorgung, beispielsweise, wird nötig. Damit die erste Füllung mit Approximalkontakt möglichst lange hinausgeschoben werden kann, liegt die interdentale Versiegelung nahe. Das Konzept der Fissurenversiegelung, „einen Deckel aufbringen“, wird um die Variante Infiltration erweitert und im Approximalraum angewendet. Die Idee ist nicht neu und wurde bereits in den 70er-Jahren angewendet. Später verwarf man diese Idee, da sie nicht gut genug gewesen sei. Meist galt das Problem, dass die Oberflächen nicht ausreichend benetzt werden konnten.

Das neuartige Icon®-System von DMG bietet dafür Spezialmatrizen zur interdentalen Applikation, gemäss Studien ein erfolgreiches Vorgehen für Läsionen, die sich noch nicht im Dentin ausgebreitet haben. Nebst dieser Infiltrationstechnik präsentierte Schmidlin auch noch die Strategie des Versiegelns mittels eines Patches, der die Läsion wie ein Pflaster abdeckt. Dazu müssen die Zähne vorerst mit einem Gummi während einer Woche separiert, im Anschluss kann der Patch aufgebracht werden. Die Läsion wird somit abgedeckt, die Ränder des Patches sind bukkal und oral einfach überprüfbar.

Prof. Krejci hat sich dem Laser verschrieben
In seiner typisch schnellen Erzählweise, in welcher man förmlich die Innovationskraft und seinen Vorwärtstrieb spürt, führte Prof. Ivo Krejci, Genf, die Teilnehmer in das Thema Laser ein. Viele verschiedene Faktoren machen einen Laser aus, das aktive Medium charakterisiert den Laser und über die Leistung und die Pulslänge werden die verschiedenen Effekte erreicht.

Laser-Anwendungsgebiete anhand seines Mediums:

  • Argon: Polymerisation, Bleaching
  • Diode: Bleaching, Endodontie, Parodontie, Kariesdiagnostik
  • Nd:YAG: Desinfektion, Tiefenkoagulation (Tumoren)
  • Er:YAG und Er,Cr:YSSG: Kariologie, Kinderzahnmedizin, Parodontie , in Zukunft auch Weichgewebe und Kleinchirurgie
  • CO2: Weichgewebe, Chirurgie

Typische Indikationen des Lasers in der Kariologie sind die Kariesdiagnostik mittels Diagnodent und die Kavitätenpräparation insbesondere mithilfe des Er:YAG-Lasers. Heutzutage ist Diagnodent wesentlich nötiger als früher, da es durch die Fluoridierung öfters Karies gibt, welche sich unter dem Schmelz stark ausgebreitet hat und oberflächlich so kaum erkennbar ist (sog. „Hidden caries“). Der grosse Vorteil der Kavitätenpräparation mit Laser ist, dass oftmals ohne Anästhesie gearbeitet werden kann. Das Prinzip der Laserpräparation beruht darauf, dass die Zahnhartsubstanz bzw. der durch den Spray erzeugte feine Wasserfilm an der Zahnoberfläche so schnell erhitzt werden, dass eine Dampfschockwelle entsteht, welche die Oberfläche förmlich absprengt. Es handelt sich nicht um ein thermisches Schneiden, sondern um einen quasi mechanischen Effekt. Das Problem ist aber, dass beim Einsatz von hohen Pulsenergiedichten die Schmelzoberfläche zerstört wird und dadurch die Haftung erniedrigt ist. Die Lösung ist, dass anfangs mit viel Energiedichte effizient gearbeitet wird, dann mit weniger Energiedichte die Oberfläche finiert wird. Mit dem Laser zu arbeiten ist besonders angenehm, da kein Bohrer die Sicht versperrt. Der Laser ermöglicht aber kein taktiles Feedback.

Deshalb ist der Einsatz von optischen Vergrösserungen (Lupenbrille, Mikroskop) sehr hilfreich. Die Kombination von Präparationslaser und integrierter Kariesdiagnostik wird die Präparationstechniken in ein neues Zeitalter führen. Krejci zeigte zudem ein eindrückliches Video, wie alte Veneers mit dem Laser äusserst einfach binnen weniger Minuten in toto entfernt werden können. Das Komposit, mit welchem das Veneer auf den Zahn geklebt wurde, hat mit der Zeit Wasser aufgenommen und wird per Laserstrahl durch das Veneer zum Verdampfen gebracht, um so die Keramik abzulösen.

Die Zukunft des Lasers:

  • Optische Kohärenztomografie (ähnlich Ultrasschall bei Weichgeweben), aber mit viel höherer optischer Auflösung für die dreidimensionale Kariesdiagnostik und Restaurationskontrolle
  • Weitere Er:YAG Miniaturisierung zur Grösse eines Mikromotors und Integration ins Unit
  • Lichtpolymerisation ohne relevanten Leistungsdichteverlust bei Bestrahlung auf Distanz
  • Weitere Fortschritte in der fotoaktivierten Desinfektion.

Sind Silorane die Zukunft?
Polymerisationsstress ist unter anderem verantwortlich für Schmelzmikrorisse, postoperative Hypersensitivitäten, Randspalte und deren Verfärbung. Dem klassischen Polymerisationsmolekül „Bis-GMA“ stehen heutzutage viele verschiedene neuartige „Low shrinkage“ Materialien gegenüber, wie z.B. Silorane, SDR, Kalore, ELS oder Premise. Viele neue Technologien wurden entwickelt, am Ende können nur unabhängige Studien zeigen, was sich wirklich bewährt. Als Take-Home Message gab Dr. L. Gregor, Genf, mit auf den Weg, dass Polymerisationsstress ein wichtiger Faktor ist, aber nicht der Einzige. Demzufolge sind Silorane ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber immer noch nicht das perfekte Füllungsmaterial.

Direkte Restauration in der Front
PD Dr. Didier Dietschi von der Universität Genf, mit Bezug zur Case Western Reserve University in Amerika, referierte über direkte Restaurationen im Frontzahnbereich. Gemäss Studien sind nach fünf Jahren 89 % der Fälle immer noch ein ästhetischer Erfolg, die ausgeschiedenen 11 % meist aufgrund Abnutzung und fehlendem Glanz. Das Konzept zur Kompositschichtung nach Dietschi et al. beruht darauf, dass der Dentinkern die Farbe gibt, die Schmelzschicht moduliert die Dentinwahrnehmung und erzeugt Lichtdurchlässigkeit sowie Streuung der Farbe.

Vorteile einer direkten Restauration:

  • Konservativ
  • Gute Lebensdauer
  • Günstig
  • Breites Indikationsspektrum
  • Gute Ästhetik
  • Reparierbar

Nachteile einer direkten Restauration:

  • Erfolg ist mit Erfahrung und Können verbunden
  • Nicht alle Materialien ergeben gute Oberfläche
  • Zeitintensiv
  • Unbeliebt bei Prothetikern
  • Patienten haben schlechtes Bild im Vergleich zu Keramik.

Abrasionsgebiss mit Komposit restaurieren?
2 bis 4 mm vertikaler Verlust kann gemäss Prof. Thomas Attin, Zürich, ohne Probleme sofort aufgehoben werden. Bedingung ist aber, dass nur eine Rotation im Kiefergelenk geschieht und keine Kiefergelenksbeschwerden vorhanden sind. Vorsicht ist geboten, damit die Ruheschwebelage nicht überschritten wird. Es wird mit einer jährlichen Verlustrate der Aufbauten von 2,5 % gerechnet. Zu beachten ist, dass diese Verlustrate ungleichmässig verteilt ist. Bis zu einer Lebensdauer von 10 Jahren funktionieren diese Restaurationen gut, danach nimmt die Verlustrate stark zu. Wird ein Kompositaufbau auf einer Erosionsfläche platziert, so muss das sklerosierte Dentin bei der Selbstkondition angefrischt werden, beim separaten Ätzen mit Abspülen nicht. Ansons­ten besteht die Gefahr, dass das Komposit nicht optimal hält.

Bei der semipermanenten Bisshebung im Seitenzahnbereich mit Tiefziehschiene wird folgendermassen vorgegangen:

1. Modell aufwachsen mit andersfarbigem Wachs
2. Abgestützte Tiefziehschiene herstellen
3. Intraoral Teflonband über Nachbarzähne inkl. Kontaktpunkt
4. Erste Kompositschicht auf Zahn, Schiene einfügen und Lichthärten
5. Schiene mit Komposit füllen und aufdrücken
6. Zwei Sekunden anhärten, Schiene entfernen, Komposit schnitzen, Lichthärten.

Studien zeigen, dass diese Technik gut angewendet werden kann und auch eine lange Lebensdauer aufweist, soll aber trotzdem als semipermanent bezeichnet werden. Misserfolge lassen sich in frühe Misserfolge, wie z.B. Behandlungsfehler, und späte Misserfolge, wie z.B. Sekundärkaries, einteilen. Hauptgründe für ein Versagen im Seitenzahnbereich sind Fraktur der Restauration, Sekundärkaries und Verlust der ganzen Restauration.

(Erschienen in Dental Tribune Swiss Edition 12/2010)

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