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Ästhetik in der Implantologie

Freuten sich über den Erfolg des Symposiums. Referent Dr. Ueli Grunder und Veranstalter Dr. Nils Leuzinger, fortbildung Rosenberg (Foto: Johannes Eschmann).

Mi. 31 März 2010

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ZÜRICH – Mit einem Höhepunkt beendete die fortbildung Rosenberg das vergangene Jahr. Dr. Ueli Grunder, Zollikon, fesselte mit seinem ganztägigen Symposium Ende November im Zürcher Marriott die Zuhörer von der ersten bis zur letzten Minute.

Die Teilnehmer äusserten sich beim anschliessenden Apéro begeistert von der Praxisnähe der gezeigten Fälle und dem didaktischen Aufbau von der Indikationsstellung bis zum Weichgewebemanagement in der prothetischen Phase.

Dr. Grunder verstand es, sowohl dem weniger routinierten Kollegen einen möglichst grossen Überblick der Möglichkeiten und Probleme in der Implantologie aufzuzeigen, wie auch dem geübten Zahnarzt Details „Step- by-step“, die Vor- und Nachteile verschiedener Methoden, Risiken und auch Misserfolge offen zu präsentieren. Ein Gewinn für die über 141 Teilnehmer.

Das Erreichen eines idealen ästhetischen Resultates mit Implantaten ist eine grosse Herausforderung und meist ein aufwendiges Prozedere. Einer der wichtigsten Aspekte der Behandlung ist die Voraussagbarkeit des Schlussresultates.

Die verschiedenen Disziplinen die bei einer solchen Behandlung involviert sind (Oralchirurgie, Parodontal-Chirurgie, Prothetik) sollten nicht separat diskutiert werden, vielmehr müssen bei jedem Behandlungsschritt alle Möglichkeiten des gesamten Spektrums bekannt sein. Nur mit einem ganzheitlichen Ansatz lässt sich der Erfolg einigermassen voraussagen.

Mögliche Fehler bei einem ungenügenden ästhetischen Resultat sind:
– zu lange klinische Krone/Rezession
– Narbengewebe
– fehlende Papille
– fehlendes Gewebevolumen bukkal, was einen Schatten wirft
– Verfärbung der Weichgewebe durch das Abutment oder die Krone.

Biologischer Background
Für eine adäquate Weichgewebedicke ist der Knochen als Unterstützung wichtig. Dabei sind folgende Faktoren zu berücksichtigen bzw. entscheidend:
– bukkal mindestens 2 bis 4 mm Knochen horizontal um die Implantatschulter
– interproximal zwischen Zahn und Implantat: das Attachmentniveau am Nachbarzahn
– interproximal zwischen zwei Implantaten: die Knochenspitze zwischen den Implantaten

Da mit einem Knochenabbau um die Implantatschulter und horizontal (1 bis 1,5 mm) gerechnet werden muss, wäre die Lösung eventuell das sogenannte Platform Switching. Dieses ist aber nicht 100 % erfolgreich, so sollte man:
– nicht zu breite Implantate einsetzen, um das Platform Switching zu ermöglichen
– ein klinisches Vorgehen wählen, wie wenn das Platform switching nicht funktionieren würde
– beim Fehlen mehrerer Zähne nicht zwei Implantate nebeneinander setzen.

Vor jeder Behandlung stehen routinemässig Anamnese, Befundaufnahme und Diagnosestellung. Besonderes Augenmerk legt Dr. Grunder auf die Analyse des klinischen Falles unter Berücksichtigung folgender Punkte:
– Lachlinie (niedrig, hoch)
– Kieferkammform (gerade, konvex)
– Zahnform (dreieckige, viereckige Zähne)
– Nachbarzähne (Angulation, Form)
– Weichgewebe bzw. Gingiva (dick, dünn/low, high scalloped/Breite an keratinisierter Gingiva/Gingivatätowierungen/Narbengewebe)
– knöchener Alveolarkammdefekt (horizontal und/oder vertikal)/ Knochenniveau an den Nachbarzähnen
– Lückenbreite
– Funktion.

Unter Berücksichtigung aller dieser Faktoren fällt Dr. Grunder den Entscheid, ob ein Sofortimplantat, ein verspätetes Sofortimplantat gesetzt wird oder zuerst ein Aufbau gemacht werden muss und das Implantat erst später gesetzt wird (zweizeitiges Vorgehen).

Extraktion und optimales Provisorium für die Papillenerhaltung
Wenn immer möglich soll die Extraktion ohne Lappenbildung erfolgen. Zur Papillenerhaltung und Papillenstützung empfiehlt Dr. Grunder ein „extended ovate pontic“. Fremdmaterial zum Füllen der Extraktionsalveole ist nicht nötig.

Implantatposition und -richtung
Das Implantat soll so gesetzt werden, dass die geplante prothetische Versorgung realisiert werden kann. Verschiedene Aspekte müssen berücksichtigt werden:

Lage des Implantates:
– mesio-distal
– bukko-oral: immer nach palatinal versetzt!
– Angulation: max. 15°
– Distanz zum Zahn: ≥ 1,5 mm
– Distanz zum Implantat: 4 mm (besser 5 mm)
– apikal: 2–4 mm bezüglich des Weichgewebeverlaufes.

Sofortimplantation
Bei der Sofortimplantation muss beachtet werden, dass es nach Zahnextraktion immer zu einem Verlust der bukkalen Knochenlamelle bzw. zu einer Reduktion der bukkalen Knochenkontur kommt. Die Folge ist ein sichtbarer Weichgewebeverlust. Beim idealen Fall müssen vier Bedingungen erfüllt sein:
– Weichgeweberückzug muss erlaubt sein
– es darf kein Knochendefekt vorhanden sein
– dickes Weichgewebe
– gerade Kieferkammform.

Ein Lösungsansatz, um den bukkalen Gewebeverlust zu kompensieren, ist das subepitheliale Bindegewebsgraft, das eingebracht wird, ohne die Papillen zu beschädigen (Tunneltechnik).

Verspätete Sofortimplantation
Acht Wochen nach der Extraktion wird das Implantat gesetzt, fast immer mit gleichzeitiger gesteuerter Knochenregeneration (GBR). Wichtig ist dabei die Schnittführung (keine Vertikalinzisionen im Frontbereich, da diese zu Narben führen!) und die Lappenbildung: es soll immer ein relativ grosser Mukoperiostlappen gebildet werden, der später – nach Lappenmobilisierung – ohne Zug vernäht wird.

Die Anforderungen von Dr. Grunder an eine Membran in der GBR sind Volumenerhaltung/ Volumenstabilität und eine dreidimensionale Formbarkeit – eine titanverstärkte nicht resorbierbare Membran ist somit ideal. Eine Alternative (mit voraussagbarem Kompromiss) ist eine Kollagenmembran mit langer Resorptionszeit. Wichtig ist die perfekte Stabilisierung der Membran. Als Abdeckung wird in beiden Fällen eine zweite weiche Kollagenmembran verwendet.

Als Füller dient nichtresorbierbares Xenograft – ein ideales Material im Gegensatz zum autologen Knochen, welcher resorbiert.

Die Heilungszeit beträgt beim verzögerten Sofortimplantat mit GBR sechs Monate.

Augmentation: Wo und wie viel wird augmentiert?
– um die Implantatschulter (mindestens 2 mm Knochen horizontal um die Schulter)
– für eine Papille zwischen 2 Implantaten nach koronal und bukkal (Unterstützung des bukkalen Teiles der Papille)
– bei mehreren Implantaten: im Zwischengliedbereich.

Zweizeitiges Vorgehen
Beim zweizeitigen Vorgehen wird für die Unterstützung der Membran mit einer Trepanfräse ein autologer Knochenkonus im Operationsgebiet entnommen und mit einer Schraube befestigt. Ansonsten ist das Vorgehen analog der verspäteten Sofortimplantation. Die Heilungszeit beträgt acht Monate, bevor implantiert wird (in der Regel nochmals mit GBR).

Auch bei anderen Techniken wie Forced Eruption vor Zahnextraktion oder Distraktion ist meist auch noch eine GBR nötig, um dreidimensional genügend Knochen zu erhalten.

Weichgewebsmanagement:
Oft ist das Gewebe über den Knochenaufbauten sehr dünn. Zur Korrektur der Weichgewebe stellte Dr. Grunder verschiedene Techniken vor:
– subepitheliales Bindegewebs-Graft
Das Graft inklusive Periost wird aus dem Gaumen entnommen, die Schnittführung erfolgt wie bei der Implantation mit GBR (das heisst nicht durch die Papille/keine Vertikalinzisionen im Frontbereich)
– Tunneltechnik
Sie kann zur Anwendung kommen, wenn keine Membran entnommen werden muss. Das Graft wird aus dem Gaumen entnommen.
Keine Inzision im Papillenbereich, um dort kein Weichgewebe zu verlieren, tunnelartige Präparation, meist von distal her.

– Roll-Lappen-Technik
in Kombination mit der Zweitoperation.
Das Graft kommt von palatinal der Implantatstelle – v. a. für kleinere Aufbauten geeignet.

– Inlay-Graft-Technik
in Kombination mit der Zweitoperation.
Full-thickness-grafts (mit Epithel) aus Tuber oder Gaumen.
Nur bei komplexen Fällen (grössere Schaltlücken/Zahnlose).
Einzige Methode, um keratinisiertes Gewebe ohne Narben zu gewinnen.

Zweitoperation
Vier Wochen nach dem Graft erfolgt die Implantatfreilegung.

Angestrebt wird eine nur minimale Öffnung über dem Implantat, es soll keine Schnittführung in Papillenbereich angewendet werden. Anschliessend wird mit Druck gearbeitet, um die Papillen zu formen.

Prothetische Phase
Das Weichgewebsmanagement in der prothetischen Phase erfolgt mit dem Abutment oder mit der Krone direkt auf dem Implantat verschraubt. Zu starker Druck auf das bukkale Gewebe kann zum Verlust des Gewebes führen! Dagegen ist Druck auf die Papille erwünscht. Die Abutmenteinprobe erfolgt mit dem Wax-up, um die Zahnlänge zu beurteilen.

Verschiedene Abutments
stehen zur Verfügung, die individualisiert in Form und Farbe hergestellt werden können (Zirkonoxid-Abutment, mit Keramik verblendet). Wegen der Weichgewebeschrumpfung soll im ästhetisch schwierigen Fall der Patient für 6 Monate ein fixes Provisorium auf dem definitiven Abutment tragen, erst dann erfolgt die definitive Versorgung.
Die definitive Krone wird wie eine konventionelle Krone auf einem natürlichen Zahn hergestellt: Präparation/Abdruck vom Abutment (Faden legen!), das Abutment wird im Mund belassen – es folgt die prothetische Versorgung mit einer Vollkeramik-Krone.

Mit zwei Take home messages entliess Dr. Grunder die Zuhörer aus dem spannenden Tageskurs:
– Kompromisse sind durch die biologischen Gegebenheiten manchmal unvermeidbar.
– Ein langer Zeitraum für gewisse Behandlungen ist dringend nötig, um die Gewebeheilung zu erlauben.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit zwischen Dr. Ueli Grunder und Dr. Alexander Tschierpe.

 

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