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Studie: Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Corona-Krise

Sucht Schweiz belegt die Zuspitzung des Problemkonsums trotz Rückgang des Durchschnittskonsums. © Alexander Penyushkin - Shutterstock.com
Sucht Schweiz

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Fr. 15 Mai 2020

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LAUSANNE - Sucht Schweiz zeigt, welche Risiken die Corona-Krise bezüglich Alkoholkonsums mit sich bringt. Besonders gefährdet sind Personen, die am stärksten einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind wie das medizinische Personal.

Zuspitzung des Problemkonsums trotz Rückgang des Durchschnittskonsums

Sucht Schweiz zeigt, welche Risiken die Corona-Krise bezüglich Alkoholkonsums mit sich bringt. Während der Konsum in weiten Teilen der Bevölkerung zurückgehen dürfte, ist ein Anstieg gerade bei jenen zu erwarten, die schon bisher problematisch tranken. Gefährdet sind Personen mit geringen sozialen oder finanziellen Ressourcen oder auch Menschen, die am stärksten einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind wie das medizinische Personal. Mehr dazu im neuen Briefing Paper.

Frühere Studien zum Alkoholkonsum in Krisensituationen zeigen, dass es sowohl zu einem Rückgang in der Gesamtbevölkerung als auch zu Anstiegen in Teilgruppen kam, also eine Verschlimmerung des Alkoholkonsums vor allem bei Personen mit bereits vorherigem problematischem Konsum.

Ein kurzfristiger Rückgang des Alkoholkonsums in weiten Teilen der (moderat konsumierenden) Bevölkerung ist auch im Zuge der aktuellen Corona-Krise zu erwarten, weil der Ausgang und viele soziale Kontakte wegfallen. Ebenfalls kurzfristig dürfte das Rauschtrinken bei jungen Menschen wegen der Massnahmen zur Eindämmung des Virus zurückgehen. Langfristig ist von geringeren finanziellen Möglichkeiten z.B infolge Arbeitsplatzverlust auszugehen, was die Ausgaben für Alkohol drosseln dürfte.

Die zu erwartenden Konsumanstiege infolge der Corona-Pandemie betreffen gefährdete Gruppen in besonderem Mass. Es sind dies vor allem:

  • bereits vor Ausbruch von COVID-19 stärker Konsumierende sowie Personen, die Alkohol zur Selbstmedikation bzw. Stressregulierung und Vermeidung negativer Gefühle gebrauchen.
  • Betroffen sind in der Mehrzahl Männer und Personen niedriger formaler Bildungsschichten oder geringen Einkommens. Erschwerend ist, dass bei vielen wegen Heimarbeit oder Arbeitslosigkeit der Alltag weniger strukturiert ist und ein Teil der sozialen Kontrolle wegfällt.
  • Es sind dies aber auch Menschen, die am stärksten einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind wie medizinisches Personal, Verkaufspersonal, Personal im Transportwesen. Fachleute im Gesundheitsbereich sind besonders belastet, da sie mit dem krankheitsbedingten Leid und Todesfällen stark konfrontiert sind.
  • Personen, die COVID-Fälle im näheren Umfeld erlebt haben, aber aus Sorge vor Eigenansteckung nicht helfen durften oder konnten.

Problemkonsum beeinträchtigt auch das Umfeld

Sowohl während des Lockdowns wie auch danach sind nicht nur die Konsumierenden selbst durch alkoholbedingte Probleme betroffen, sondern auch ihre Angehörigen, die Kinder und Frauen. Zu den Folgen zählen vermehrte häusliche Gewalt oder posttraumatische Belastungsprobleme und Depressionen, was bei Kindern das Risiko erhöht, später problematisch zu trinken.

Beratung in Krisenzeiten erschwert

Behandlung und Beratung von Alkoholproblemen gehen in Zeiten von Corona zurück und könnten bei vermehrten Fernberatungen (z.B. Telefon) weniger wirkungsvoll sein. Dies kann alkoholbedingte Probleme verschlimmern.

Was es braucht

Wie andere durch Katastrophen ausgelöste Krisen der öffentlichen Gesundheit wird die Corona-Krise sehr wahrscheinlich bei einer Vielzahl von Menschen zu jahrelangen psychischen Problemen wie Schlafprobleme, Angststörungen, posttraumatischem Stress und Depressionen führen. Es wird entscheidend sein, Menschen bei der Erhöhung ihrer Resilienz zu helfen, insbesondere durch bessere Arbeitsplatzchancen und der Propagierung gesunder Lebensführung. Ansätze zur Prävention und Früherkennung von Alkoholproblemen gerade in den besonders gefährdeten Gruppen müssen dringend weiter entwickelt werden und über die Zeit des Lockdowns eingesetzt werden.

Um bessere Grundlagen zu erhalten, bräuchte es zudem ein kontinuierliches Monitoring des Alkoholkonsums und seiner Auswirkungen in Teilgruppen. Zahlen zum Durchschnittskonsum in der Bevölkerung oder Verkaufszahlen reichen nicht aus.

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