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„Wir sind das Power-Werk“

Teilnehmer der Braun Oral-B-Werksbesichtigung in Marktheidenfeld. (Foto: Procter & Gamble)
Procter & Gamble

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Mi. 20 Juli 2011

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MARKTHEIDENFELD – Das Braun Oral-B-Werk in Marktheidenfeld liegt unscheinbar und fast etwas versteckt abseits der Autobahn 3 nahe Würzburg. Wer weiß schon, dass hier alle Elektrozahnbürsten der Marke Oral-B für den gesamten globalen Markt gefertigt werden – geschweige denn wie?

Eine rund 30-köpfige Gruppe von Zahnärztinnen und Zahnärzten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz folgten kürzlich der Einladung von Dr. Christina Steidle, Professional & Academic Relations Manager DACH der Procter & Gamble GmbH und tauchten in diese unbekannte Welt ein.

Der Tag in Marktheidenfeld begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Christof Dörfer, Universität Kiel, zur Sicherheit und Effektivität elektrischer Zahnbürsten. Dabei unternahm er einen kurzen Streifzug durch die Geschichte. „Im Jahr 1993 hat Prof. Fridus van der Weijden das generelle Potential oszillierend-rotierender Elektrozahnbürsten zur Verbesserung der Plaqueentfernung im Vergleich zu einer Handzahnbürste nachgewiesen. Diese grundlegende Studie fand allerdings noch unter Idealbedingungen statt; eine Dentalhygienikerin übernahm das Putzen. Nach vielen weiteren in vitro wie auch klinischen Untersuchungen fasste 2003 und 2005 die Cochrane Collaboration die Ergebnisse folgendermaßen zusammen: Elektrische Zahnbürsten mit oszillierend-rotierender Bewegung reduzieren Plaque kurzfristig stärker als eine Handzahnbürste und helfen, die Gingivitis langfristig zu reduzieren.“ Andere Technologien von Zahnbürsten ergaben weniger konsistente Ergebnisse (1,2).

Kann auf der anderen Seite eine besonders gute Reinigung nicht auch auf Kosten der Sicherheit gehen, sprich: Schädigungen hervorrufen? In einer eigenen klinisch-prospektiven kontrollierten und randomisierten Langzeitstudie mit 109 Teilnehmern fand Prof. Dörfer heraus, dass bei beiden untersuchten Zahnbürsten keine Evidenz für ein statistisches Risiko von Rezessionen oder für ein erhöhtes Risiko von Attachmentverlust existiert. Es zeigen sich dagegen eine statistisch signifikante Reduktion der Rezessionen und ein Trend zu einem Attachmentgewinn. Signifikante Unterschiede beim Abtrag von Zahnhartsubstanz ließen sich nicht feststellen. Auf der Basis der existierenden Literatur wurde kürzlich ein systematisches Review publiziert, das sich mit der Sicherheit oszillierend-rotierender Zahnbürsten beschäftigt und kein erhöhtes Sicherheitsrisiko feststellte (3).

Fazit: Auf der Grundlage wissenschaftlicher Evidenz lassen sich elektrische Zahnbürsten empfehlen. Nicht jeder braucht sie, denn es gibt auch Patienten, die mit einer Handzahnbürste gute Erfolge erzielen. Die Mehrzahl profitiert jedoch von der elektrischen.

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Wie entsteht eigentlich eine elektrische Zahnbürste?
Der stellvertretende Marktheidenfelder Werksleiter Hugo Schwab leitete seine Führung durch die Produktionsstätte mit einem kurzen Rückblick in die Geschichte des Mutterkonzerns Procter & Gamble ein, welcher 1837 als Manufaktur für Seifen und Kerzen von William Procter und James Gamble gegründet wurde.

Für eine optimale häusliche Mundpflege fertigen die Mitarbeiter pro Tag aus je 350 einzelnen Bauteilen 90.000 Elektrozahnbüsten und 600.000 Aufsteckbürsten, Tendenz steigend. So können die Marktheidenfelder ihre Belegschaft und eine hohe Ausbildungsquote von rund fünf Prozent seit vielen Jahren halten und sogar vergrößern – trotz eines parallel steigenden Automatisierungsgrades. Den braucht man unbedingt im Wettbewerb mit anderen dynamischen Regionen der Welt; da erfüllen die Franken den Procter & Gamble-Leitspruch „success in a changing world“ in vorbildlichem Maße.

Das hohe Maß an Automation erkennt der Besucher in den Produktionshallen auf den ersten Blick, denn immer wieder kommt ihm ein Transportfahrzeug, etwa von der Größe eines Gabelstaplers, entgegen – ohne Fahrer! Zu sorgen braucht man sich deswegen aber nicht, denn der Roboter stoppt exakt 30 Zentimeter, bevor es zur Karambolage käme. Sicherheit und Genauigkeit sind denn auch die obersten Maximen für den Betrieb des gesamten Werks.

Besonders beeindruckend ist die große Fertigungstiefe, denn die Mannschaft übernimmt praktisch alles von der Motoren-Fertigung über das Kunststoff-Formen im Spritzguss-Verfahren, die Herstellung der elektronischen Leiterplatten bis zur Endmontage der Elektrozahnbürste. Selbst die Aufsteckbürsten werden in einem ganz speziellen Verfahren komplett in Marktheidenfeld gefertigt. Die Borsten werden in Büscheln schräg von der Seite an den Bürstenkopf herangeführt, dann gebogen, in die vorgeformten Löcher gestopft und dort mit Hilfe einer Silberfolie fixiert. Das alles geschieht in einer so rasenden Geschwindigkeit, dass der Vorgang mit dem bloßen Auge kaum zu verfolgen ist. Danach kommt das „Haareschneiden“ auf die richtige Länge, und eine spezielle Schleifeinheit sorgt für die Abrundung der Borsten. 96 Prozent von ihnen erhalten dabei sogar einen vollkommen symmetrischen „Pilzkopf“.

Nicht weniger beeindruckt hat die Besucher die penible Kontrolle und Dokumentation. So wird jeder fertig gestellte Bürstenkopf sage und schreibe sechsmal fotografiert, und allein der so genannte „safety pin“, der für den festen Sitz auf dem Handstück verantwortlich ist, hat zuvor bereits drei unterschiedliche Prüfungen durchlaufen. Eine der letzten Kontrollen sieht so aus: Die Elektrozahnbürsten drücken die Borsten mit definierter Kraft auf künstliche Gebisse auf. Diese sind in ihrer Konsistenz, in der Form und sogar in der Farbe dem Vorbild im Patientenmund getreu nachgebildet – ein naturnahes Testverfahren.

Oral-B-Elektrozahnbürsten – Made in Germany
Alle Produktions- und Prüfschritte werden im Wesentlichen von eigens dafür designten Maschinen bzw. Robotern übernommen. Selbstverständlich führt jedoch ein(e) Mitarbeiter(in) die Endkontrolle durch, bevor die Produkte auf die Verpackungsstraße fahren. Die Komplexität einer solchen Fertigung, die auf den globalen Markt ausgerichtet ist, können viele Beispiele verdeutlichen. So gibt es beispielsweise insgesamt 28 unterschiedliche Ladeteile. Die Auslieferung in die USA mit einem deutschen Anschlussmodul wäre eine echte Katastrophe, denn eine solche Elektrozahnbürste könnte nicht in Betrieb genommen werden. Kontrollen in der Produktionsstätte selbst und die enge Vernetzung mit dem benachbarten Distributionszentrum in Altfeld verhindern ein solches Malheur von vornherein. Erst 2008 hat man dort 20 Millionen Euro in ein zweites Hochregallager investiert und die gesamte Vorratshaltung und Kundenauslieferung von Teilen Europas für manuelle und elektrische Zahnbürsten übernommen, darüber hinaus auch für Rasierer und Epiliergeräte, Haarpflege und Haushaltsgeräte der Marken BRAUN beziehungsweise Oral-B, sowie die Funktion als Nachschublager für die lokalen Distributionszentren in den einzelnen Ländern.

„Wir sind in der glücklichen Lage, am Standort zu wachsen“, freute sich Hugo Schwab. „Procter & Gamble betreibt weltweit acht Betriebsstätten für Zahnbürsten an fünf Standorten, aber wir in Marktheidenfeld sind weltweit exklusiv für ,powered tooth brushes’, also Elektrozahnbürsten, zuständig. Wir sind das Power-Werk.“

Nach der Führung fuhr die Gesellschaft mit dem Bus zurück nach Frankfurt. Hier hatte man bereits am Vorabend beim „Welcome Drink“ auf der Dachterasse des Fleming’s Deluxe Hotel Frankfurt-City mit Skyline-Blick sowie beim gemeinsamen Dinner im Restaurant Gerbermühle direkt am Main einen schönen Abend verbracht. Nun ging es mit neuen interessanten und außergewöhnlichen Eindrücken heim und ins Wochenende.

Referenzen:

(1) Heanue M, Deacon SA, Deery C, Robinson PG, Walmsley AD, Worthington HV, Shaw WC: Manual versus powered toothbrushing for oral health (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 2 (2003).
(2) Robinson PG, Deacon SA, Deery C, Heanue M, Walmsley AD, Worthington HV, Glenny AM, Shaw WC: Manual versus powered toothbrushing for oral health. Cochrane Database Syst Rev 2005(1);18:CD002281.
(3) Van der Weijden GA, Campbell SL, Gonzalez-Cabezas C, Dörfer CE, Slot D. Safety of oscillating-rotating powered brushes compared to manual toothbrushes: a systematic review. J Periodontol 2011; 82:5–24.

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