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Periimplantitis - was tun?

Prof. Dr. Andrea W. Mombelli
Anja Worm, DTI

Anja Worm, DTI

Di. 12 Januar 2010

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LEIPZIG – Immer mehr Patienten lassen sich Implantate setzen. Eine Gefahr der Therapie ist die Entzündung des Implantat umgebenden Weichgewebes. Vertieft sich die periimplantäre Mukositis zur Periimplantitis, droht der Verlust des Implantats. Prof. Dr. Andrea Mombelli von der Universität Genf forscht seit 1987 zur Infektionskrankheit. Anja Worm, DTI, sprach mit Prof. Mombelli über die Behandlung der Entzündungskrankheiten.

Anja Worm: Herr Prof. Mombelli, wie können Patient und Behandler nach dem Einsatz eines Implantates einer periimplantären Mukositis vorbeugen?
Prof. Mombelli: Der erste Punkt ist die regelmäßige Nachkontrolle beim Zahnarzt oder bei einer Dentalhygienikerin. Bei diesen Nachkontrollen ist insbesondere wichtig, dass periimplantär sondiert wird und dass dabei auf Entzündungszeichen und Eiteraustritt geachtet wird. Der zweite Punkt ist eine gute Mundhygiene. Ich glaube, das ist heute hinreichend belegt, dass das sowohl bei den Implantaten wie auch bei den Zähnen eine wichtige Rolle spielt. Und der dritte Faktor, der auch hinreichend belegt ist, ist der negative Einfluss des Rauchens. Mit anderen Worten: regelmäßige Nachkontrolle, gute Mundhygiene, nicht Rauchen – das sind die wichtigsten Punkte.

Die Ursache von Gingivitis und periimplantärer Mukositis ist die gleiche: mikrobielle Plaque. Was für einen Unterschied gibt es zwischen den beiden Entzündungen?
Histologisch gesehen ist es mehr oder weniger dasselbe. Was man einfach sehen muss ist, dass es gewisse Implantate gibt, die tief gesetzt sind und dass es da von Anfang an Pseudotaschen und eine gewisse Kraterbildung geben kann, die nicht unbedingt von Anfang an Periimplantitis ist. Bei solchen Pseudotaschen besteht ein gewisses Risiko, dass die Krankheit weitergeht. Aber Gingivitis und Mukositis sind histologisch und klinisch gesehen dasselbe. Sie sind reversibel, wenn man eine gute Mundhygiene
hat.

Ist die Behandlung von Gingivitis und periimplantäre Mukositis die gleiche?
In beiden Situationen ist es wichtig, dass die Ursache entfernt wird und das sind bakterielle Ablagerungen, also Plaque und Zahnstein. Die Therapie ist in dem Sinne die gleiche. Der Unterschied ist der, dass man diese Therapie bei einem Implantat nicht mit den üblichen Instrumenten durchführen kann, weil man damit die Implantatoberfläche zerkratzt. Deshalb gibt es für die Implantate, wenn es um Mukositis geht, Instrumente, die aus Material gefertigt sind, das weicher ist als die Implantatoberfläche.

Wenn sich die periimplantäre Mukositis zur Periimplantitis ausgebaut hat: Welche Therapie hat sich am besten bewährt?
Auch hier geht es primär um die Entfernung von Biofilm. Der Unterschied von Mukositis und Periimplantitis ist, dass wir es hier mit tieferen Taschen zu tun haben und der Zugang schwer sein wird. Zusätzlich befindet sich der Biofilm bei den meisten Implantat-Typen auf einer rauen Oberfläche. Und es ist natürlich schwierig, Biofilm von einer rauen Oberfläche zu entfernen. Deshalb kann es von einer gewissen Taschentiefe an nötig sein, die Mukosa aufzuklappen, um einen direkten Zugang zur kontaminierten Implantatoberfläche bis an den Grund des Knochenkraters zu erhalten. Wenn ich über die Behandlung von Mukositis sage, dass Instrumente verwendet werden sollten, die die glatte Oberfläche des Implantates schonen, dann ist es bei der Behandlung von Periimplantitis doch primär das Ziel, um jeden Preis den Biofilm von einer, meist rauen, Oberfläche zu entfernen. Wir verwenden heute auch Ultraschallgeräte mit Metalltips, die die Oberfläche schon verändern. Aber das Ziel ist hier eindeutig die vollständige Entfernung der Bakterienablagerungen.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das Implantat zu dekontaminieren, etwa durch den Einsatz von Lasern wie den Er:YAG-Laser und den Diodenlaser. Aber auch die fotodynamische Therapie wird empfohlen. Welche Therapieform kann man als die geeignetste bezeichnen?
Wie Sie sagen, wurden und werden unterschiedliche Behandlungsvorschläge gemacht. Das Problem ist, dass zu all diesen Vorschlägen einfach die klinische Evidenz noch nicht gut genug ist. Zurzeit kann ich basierend auf der wissenschaftlichen Lage keine dieser spezifischen Therapieformen vorbehaltlos empfehlen. Bei uns in der Klinik ist es so, dass wir mechanisch reinigen, so gut es geht. Dann geben wir Antibiotika, konkret Metronidazol plus Amoxicillin.

Links: Entzündungsprozess der periimplantären Gewebe mit Knochenverlust bei osseointegrierten Implantaten in Funktion. Rechts: Symptome der Periimplantitis sind Entzündungszeichen, Eiteraustritt, Taschenbildung, Knochenkrater, keine Beweglichkeit und i.d.R. keine Schmerzen. Bei der Behandlung mit systemischen Antibiotika: Welche sind die geeignetsten?
Es hat sich gezeigt, dass die periimplantäre Mikroflora zum größten Teil aus strikten Anaerobien besteht. Für diese Keime sind Nitromidazole geeignet, also zum Beispiel Metronidazol. In jüngster Zeit hat es aber Berichte gegeben, dass gelegentlich andere Keime auch eine Rolle spielen, insbesondere Staphylokokken. Eine gute Empfehlung ist daher die gleichzeitige Verwendung von Metronidazol und Amoxicillin.

Es gibt eine Vielzahl von Mundspüllösungen. Welche Zusammensetzung ist bei diesen für die antimikrobielle Therapie die effektivste, wie viel Chlorhexidin sollte sie enthalten?
Zur Mundspüllösung muss man zunächst einmal sagen, dass sie der Prophylaxe einer Re-Infektion dient und kein primäres Therapiemittel ist, da sie nicht in die Tiefe des Defekts eindringen kann. Die effektivste Mundspüllösung, die wir bei uns seit Jahren gebrauchen, ist eine 0,2-prozentige Chlorhexidin-Mundspüllösung. Wenn man diese längere Zeit verwendet, hat sie Nebenwirkungen. Es kommt zu braunen Verfärbungen der Zunge und auch Füllungen verfärben. Aber das ist nach wie vor die effektivste antimikrobielle Mundspüllösung.

Wie viel Knochenverlust verträgt ein Implantat?
Ein Implantat verträgt recht viel Knochenverlust. Im Prinzip reichen einige Millimeter verbleibende Osseointegration, um ein Implantat fest im Knochen zu halten. Die Frage ist also weniger, wie viel Knochen bereits verloren gegangen ist, sondern ob die Situation stabil ist. Wenn weiterhin Knochen verloren geht, bedeutet dies, dass ein pathologischer Prozess persistiert. Hier kann der Moment kommen, wo es besser ist, ein Implantat zu entfernen. Aber das hängt mehr von der Dynamik ab als vom Knochenverlust.

Wie lange dauert eine Periimplantitisbehandlung, bis sie erfolgreich abgeschlossen ist?
Normalerweise machen wir eine Behandlung und dann eine Re-Evaluation nach drei und sechs Monaten. Wir haben jetzt mittlerweile Fälle, die über zehn Jahre und mehr dokumentiert sind. Das sind Einzelfälle. Es ist wahr, dass es wenig Langzeitdaten gibt und wir haben auch gesehen, dass Nach- und Wiederbehandlung nötig sein kann. Die Behandlung an sich kann in einer Sitzung durchgeführt werden, aber es ist schon denkbar, dass man nach gewisser Zeit eine Wiederbehandlung durchführen muss.

Herr Prof. Mombelli, vielen Dank für das Gespräch!

(Erstmals erschienen in der Dental Tribune Germany 9/2009.)

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