ZÜRICH – Die IDS 2015 in Köln hat es aufgezeigt: In der oralen Implantologie ist das digitale Zeitalter angebrochen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis der „virtuelle Patient“ in der zahnärztlichen Praxis eine Tatsache ist. Vom Facescanning und digitale Volumentomographie, über digitale Abdrucknahme, bis hin zum 3-D-Drucker – die intra- und extraorale Befundung, Planung und Rekonstruktion kann immer mehr mittels digitaler Technologien durchgeführt werden.
Diese neuen Techniken bieten bei allen Diagnose- und Therapieschritten neue und teils noch ungeahnte Möglichkeiten. Im Moment sind sicherlich nicht alle Schritte unproblematisch und auch die Zeitersparnis von „digital versus analog“ ist nicht schlüssig geklärt. Aber zukünftige Entwicklungen werden sicherlich dazu führen, dass man nach der initialen Befundaufnahme die nächsten Planungsschritte und auch Fertigung der Werkstücke digital durchführen wird. Dabei kann die prothetische Versorgung in der Praxis oder auch im Labor gefertigt werden – die Daten werden einfach per Mausklick verschoben oder versandt. Die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker erfolgt also rein digital.
Dies sind sicherlich spannende Zeiten und die Möglichkeiten sind faszinierend. In naher Zukunft kann durchaus davon ausgegangen werden, dass konventionelle Abformmaterialien zu den aussterbenden Dinosauriern in der Zahnmedizin gehören. Aber wird dadurch die Diagnose, Planung und Therapie in der oralen Implantologie wirklich vereinfacht? Gibt es da keine Gefahren?
Mitnichten! Die Datenflut muss von Zahnarzt auch richtig interpretiert und befundet werden. Besonders bei der digitalen Volumentomographie besteht die Gefahr, sich nur auf die zu rekonstruierenden Zahnabschnitte zu fokussieren und dabei die abgebildeten benachbarten anatomischen Strukturen nicht zu befunden. Was, wenn bei grossvolumigen Aufnahmen relevante pathologische Befunde übersehen werden? Im Prinzip gilt, wer die Röntgenaufnahme erstellt, muss diese auch sauber befunden. Dafür zahlt der Patient ja schliesslich auch, d.h. für Herstellung und Befundung der digitalen Volumentomographie. Auch bei digitalen intraoralen und extraoralen Aufnahmen soll auf allfällige relevante Befunde geachtet werden – in der digitalen Aufnahme bleiben diese dokumentiert und können somit bei einer Missachtung zu forensischen Konsequenzen führen. Zuletzt sei auch noch auf das ungelöste Problem des Austausches der gesammelten digitalen Datensätze hingewiesen. Es bestehen im Gegensatz zur Medizin (dort gilt international der DICOM-Standard) keine Richtlinien zum einheitlichen Format der Bilder, was dazu führt, dass in der Zahnmedizin ein Austausch verschiedenster Formate stattfindet – vom DICOM-file, zu STL-, tiff- oder jpg-Datensätzen.
Die oben aufgeführten Punkte zeigen deutlich, dass mit dem digitalen Zeitalter in der oralen Implantologie ein Paradigmenwechsel in der Diagnostik, Planung und auch Therapie begonnen hat. Diese Revolution ist auch nicht mehr aufzuhalten und wird den zukünftigen Praxisalltag massgebend prägen. Aber wie immer, wenn man am Beginn grosser Umwälzungen steht, verbergen sich hinter diesen Neuerungen auch Gefahren und Fallstricke. Wir werden in Zukunft sicherlich bedeutende Anstrengungen unternehmen müssen, damit diese neuen Technologien in der Aus-, Weiter- und Fortbildung fundiert und auch möglichst einheitlich vermittelt werden. Hier sind auch nationale und internationale Fachgesellschaften gefragt. Diese sollen Richtlinien erstellen, damit die digitale Informationsgenerierung und der Datenaustausch möglichst kontrolliert und auch einheitlich vonstatten geht. Nur so wird es auch möglich sein, die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters in der Zukunft optimal auszuschöpfen.
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