BERN/LEIPZIG – In der Schweiz werden fünf Methoden der Komplementärmedizin ab 2012 provisorisch im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung vergütet. Nach fünf Jahren soll dann entschieden werden, ob sie dauerhaft Teil der Grundversicherung sein werden.
Es ist ein Erfolg für viele Schweizer, bei denen die volkskundliche Medizin eine lange Tradition innehat und hohe Anerkennung geniesst. Über etliche Jahre hatten sich Bürger einer Volksinitiative dafür eingesetzt, dass die Komplementärmedizin wieder in die Leistungen der obligatorischen Krankenkassenleistungen integriert wird. Im Jahre 2005 hatte das zuständige Departement des Innern nach einer fünfjährigen Probephase und zugehöriger Evaluation beschlossen, diese Leistungen aus der Grundversicherung zu streichen.
Nach dem Volksentscheid aus dem Jahr 2009 hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) entschieden, dass ab 1. Januar 2012 Leistungen im Rahmen der anthroposophischen Medizin, der Homöopathie, der Neutraltherapie, der Phytotherapie und der traditionellen chinesischen Medizin von den Krankenkassen provisorisch bis Ende 2017 von der Grundversicherung gezahlt werden. Bisher zählen lediglich Leistungen im Bereich Chiropraktik und Akupunktur zur Grundversorgung. Das EDI hat das Bundesamt für Gesundheit beauftragt, im ersten Halbjahr 2011 eine Änderung der entsprechenden Leistungsverordnung vorzubereiten und für jede Methode die Modalitäten der Erstattung vorzubereiten.
Der finanzielle Aufwand der provisorischen Erstattung ist bereits berechnet. „Die Vergütung der fünf Methoden der Komplementärmedizin durch die Grundversicherung kostet pro Jahr ungefähr 50 Millionen Schweizer Franken“, sagte EDI-Pressesprecherin Katja Zürcher-Mäder gegenüber Dental Tribune Online.
Damit die Krankenkassen eine Behandlung bezahlen, müssen die WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) im Sinne des Bundesgesetzes und der Verordnung über die Krankenversicherung erfüllt sein. In der Testphase von 2012 bis 2017 gelten diese Kriterien für die fünf komplimentärmedizinischen Methoden jedoch als umstritten. Das EDI wird Vertreter dieser Methoden, die sich für deren permanente Aufnahme in die Grundsicherung einsetzen, auffordern, bis Ende 2015 ein Konzept zu erarbeiten und eine Evaluation anzufertigen. Diese soll Aufschluss darüber geben, ob die WZW-Kriterien erfüllt werden. Zudem wird die Wirksamkeit der Methoden von einer international anerkannten Institution in Form eines Gutachtens überprüft werden.
Zusätzlich zu dem Entschluss, die Komplementärmedizin in die Grundversicherung einzubinden, wird derzeit geprüft, ob ein neues nationales Diplom in Komplementärtherapie und eines in Alternativmedizin geschaffen werden. Auch die Schaffung von Instituten und Lehrstühlen und die Forschungsförderung sind möglich.
Für die Schweizer Zahnärzte dürfte der Entschluss des EDI kaum Veränderungen mit sich bringen. „Die Komplementärmedizin betrifft nur zu einem sehr kleinen Teil die Zahnmedizin. Für die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) war die (Nicht-) Einbindung in die Zahnmedizin daher nie ein Thema“, erklärte SSO-Sprecher Marco Tackenberg schriftlich gegenüber DT Online.
Sollten die entsprechenden Auswertungen in puncto WZW-Kriterien im Jahre 2017 für eine erneute Abschaffung der Einbindung der Komplementärmedizin sprechen, könnte es laut Zürcher-Mäder eine Alternative geben: „Eine Rückweisung wie im Jahr 2005 ist grundsätzlich möglich. Eine andere Möglichkeit, auf welche von Verwaltungs- und Expertenseite wiederholt hingewiesen wurde, ist die Anpassung des Gesetzes, wonach für die Komplementärmedizin andere als die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit gelten sollen. Die dafür notwendige Gesetzesanpassung müsste vom Parlament beschlossen werden.“
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