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Marketinginstrument „Internet“ richtig nutzen

Online-PR ist ein vielseitiges und effektives Mittel der Kommunikation, um Patienten zu binden und neue Patienten zu gewinnen. (Foto: ra2 studio)
Dr. Uta Hessbrüggen und Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sabine Nemec

Dr. Uta Hessbrüggen und Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sabine Nemec

Do. 9 Juni 2011

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MÜNCHEN/LANGENSELBOLD - Seit dem Jahr 2000 ist das generelle Werbeverbot für Arzt- und Heilberufe aufgehoben. Damit haben auch Zahnärzte neue Möglichkeiten, mit ihren Patienten in Kontakt zu treten und neue Patienten auf sich aufmerksam zu machen. Viele Zahnärzte nutzen diese Möglichkeiten jedoch noch nicht – trotz wachsender Konkurrenz und der Notwendigkeit, sich von der Masse abzuheben.

Auf eine adäquate Patientenansprache sollte heute kein Praxisunternehmen mehr verzichten. Online-PR ist ein vielseitiges und effektives Mittel der Kommunikation, um Patienten zu binden und neue Patienten zu gewinnen. Früher garantierten meist das Praxisschild und die gute Lage der Praxis den wirtschaftlichen Erfolg. Da Werbung ohnehin verboten war, musste man sich um die Konkurrenz keine Gedanken machen. Patienten wählten häufig und gern den Arzt in ihrer Nähe und blieben ihm über Jahre und Jahrzehnte treu. Ein gutes Einzugsgebiet reichte zum wirtschaftlichen Überleben aus. Mund-zu-Mund-Propaganda besserte die Scheinzahl zusätzlich auf, denn Vergleichsmöglichkeiten gab es nur über den persönlichen Austausch. Ja, die gute alte Zeit. Die Bedingungen haben sich geändert – die Einstellung vieler Praxisbetreiber allerdings noch nicht. Das überrascht nicht nur angesichts des gewaltigen Kosten- und Konkurrenzdrucks, sondern auch angesichts der gestiegenen Ansprüche der Patienten an Information und Versorgung und des damit verbundenen Arzt-Hoppings. Zurückzuführen ist das unter anderem auf Berührungsängste vor dem Moloch Internet und Unsicherheiten ob seiner Funktionsweise. Denn das World Wide Web ist längst keine eindimensionale Plattform mehr. Es hat sich zum Web 2.0 gemausert, in dem Meinung gemacht, kritisch diskutiert und hinterfragt wird. Diese Meinungsbildung findet noch ohne das Gros der Zahnärzteschaft statt. Besser – und wirtschaftlich lohnender – ist es, sich einzumischen.

Grundsätzliches: Die virtuelle Wirklichkeit
Einer Studie von Forrester Research zufolge ist Pressearbeit 21 Prozent effektiver als Printwerbung und circa 46 Prozent effektiver als Bannerwerbung (Quelle: prdienst.de). Online-PR stellt nun neue, umfangreiche Anforderungen an die Umsetzung, denn sie geht weit darüber hinaus, klassische PR zu sein, deren Produkte ins Internet gestellt werden. In diesem Sinne wird sie noch immer von vielen verstanden und nicht ernst genommen. Doch Online-PR ist ein inzwischen hoch professionalisiertes, anspruchsvolles und zeitaufwendiges Werkzeug. Sehr unterschiedliche Kanäle wollen bedient werden, angefangen bei der eigenen Website, über PR- und Themen-Portale, Wikis, Foren, Blogs, bis hin zum ganzen Kosmos der Social Media. Vor allem anderen ist und bleibt das Internet ein Distributionskanal gigantischen Ausmaßes. Pressemeldungen, Geschäftsberichte und andere Unternehmensinformationen lassen sich kostengünstig darüber verbreiten. Darüber hinaus macht die Möglichkeit der multimedialen Aufbereitung Informationen aller Art vielseitiger, bunter, interessanter. Das wirkt sich positiv sowohl auf den Erlebniswert als auch auf die Informationsbreite und -tiefe aus. Der Nutzer dankt beides.

Der große Wandel, der sich im Internet vollzogen hat, liegt jedoch in der Dimension des Dialogs. Zu Beginn fand ein eher eindimensionaler Austausch statt, in dem Seitenbetreiber Informationen zur Verfügung stellten und die Nutzer diese abriefen. Maximal konnte man in einem angegliederten Forum seine Meinung kundtun. Längst hat sich das Netz davon emanzipiert und ist zu einer Community geworden, die davon lebt, dass alle miteinander in Kontakt stehen und ihre Meinung veröffentlichen, verbreiten und verteidigen. Wer sich für eine professionelle Online-PR entscheidet, kommt nicht umhin, diesen Dialog zuzulassen, ja selbst einzusteigen. Bei Kartenspielern heißt es oft salopp: Wer schreibt, der bleibt. Das lässt sich über das Internet ebenfalls sagen. Wer sich heraushält, verliert schnell den Anschluss, ist für seine Zielgruppen kaum existent. Wer mitmacht, sich einmischt, kann Informationen mitgestalten und bis zu einem gewissen Grad steuern. Das fängt mit der praxiseigenen Website, die mehr als eine Visitenkarte im Netz sein sollte, an. Sie enthält nicht nur alle Informationen über die Praxis, Lage, Sprechzeiten, Behandlungsmethoden, besondere Angebote und Spezialisierungen. Hier sollten auch sämtliche Informationen über die Aktivitäten der Praxis und alle Presseartikel, auch aus dem Print-Bereich, zu finden sein.

Zahnärzte sind keine sehr internetaffine Gruppe. Früh war die Angst vor dem Verlust von Patientendaten durch einen Virus ausgeprägt. Auch hier hat sich vieles im Umgang mit dem Internet geändert. Doch in den wenigsten Köpfen ist verankert, dass man über eine Nachricht, die online gestellt wird, ab sofort keine Kontrolle mehr hat. Sie bahnt sich ihre eigenen, oft unberechenbaren Wege. Das kann zu sehr positiven Erfolgseffekten ebenso führen wie zu krisenhaften Situationen. In beiden Fällen ist es gut, einen Profi im Hintergrund zu haben und sich mit ihm auf den Fall der Fälle vorzubereiten.

So mancher wird an dieser Stelle schon auf den Begriff Suchmaschinenoptimierung, kurz SEO (Search Engine Optimization) warten. Warum ist dieses Thema so wichtig geworden? Weil die Zugriffe auf Seiten und Themen, der so genannte Traffic, ausgewertet und für das Unternehmen Praxis genutzt werden können. Es gibt zahlreiche Erhebungen zum Klickverhalten und zur Aufmerksamkeitsspanne der User. So weiß man zum Beispiel, dass 56 Prozent aller Klicks auf Platz 1 der Google-Trefferliste entfallen. Platz 2 folgt mit nur noch 13 Prozent. Kriterien, um bei den Suchmaschinen auf einen möglichst oberen Platz zu kommen, sind die am User orientierte Auswahl der Keywords, ihre Verteilung und Häufigkeit im Text, und die Häufigkeit der sogenannten Backlinks, also der Zugriff von einer anderen Website aus. Die Umsetzung ist inzwischen eine Wissenschaft für sich. Klar ist jedoch: So gerne der Betreiber einer Website sich auch mit Fachinformationen und Branchenjargon austoben möchte – alles dreht sich um den potenziellen Kunden. Was sucht der Kunde? Mit welchen Worten beschreibt er, was er sucht? Seine Wortwahl, seine Interessen entscheiden. Augenfällige Beispiele gibt es aus allen Branchen. Sucht er beispielsweise einen Kühlschrank, der Anbieter hat aber nur Kühlgeräte im Programm? Oder sucht er Laufschuhe, weil er ja zwei kaufen möchte, der Anbieter spricht aber vom Laufschuh, weil er an das Modell denkt? Schon sind die ers-ten Plätze der Suchmaschinen-Listung anderweitig besetzt und der Kunde bei einem Mitbewerber. Hier laufen Unternehmenssichtweise und Kundenbedürfnisse oft diametral auseinander. Je genauer also die Keywords das Denken der Nutzer treffen, desto besser gelingt die Positionierung im Suchmaschinen-Ranking.

Das Thema SEO und die richtige Platzierung der Schlüsselworte hat auch die Regeln des klassischen Textens auf den Kopf gestellt. Im Internet gelten eigene Gesetze, denn der journalistische Spannungsbogen bringt für Google und Co. nichts. Das Wichtigste zuerst und in aller Kürze, die Schlüsselwörter so häufig wie möglich, so lauten die Gebote. Gleichzeitig gilt es, neben dem technischen Vorgehen die Balance zwischen den Erfordernissen von Google und den Bedürfnissen des Lesers zu finden, um einen letzten Rest an Lesevergnügen zu erhalten. Das könnte auf die Formel hinaus laufen: Keyword-Wiederholungen so selten wie möglich und so häufig wie nötig.

Mögliches: Der Zahnarzt im Netz
Noch immer sind den Ärzten und Zahnärzten viele Wege versperrt, die andere Unternehmer ganz selbstverständlich für sich nutzen. Doch zu den Maßnahmen, die außerhalb der Praxis möglich sind, gehören unter anderen eine Praxiswebsite, Pressemitteilungen und Zeitungsinterviews. Studien zeigen, dass Praxismarketing und eine eigene Website für Ärzte immer wichtiger werden. Heute haben die Praxis-Website und eine Platzierung auf den vorderen Rängen der Suchmaschinen ihren Anteil am vollen Wartezimmer. Das Internet ist häufig die erste – und oftmals die einzige – Informationsquelle bei der Suche nach einem Arzt oder Zahnarzt. Gleichzeitig sind Patienten bei der Arztwahl sehr kritisch und möchten sich ein möglichst umfassendes Bild von den Leistungen des Arztes machen. Darüber hinaus haben das generelle Interesse an Gesundheitsthemen und damit auch der Informationsbedarf stark zugenommen. Diesem Bedürfnis kommt beispielsweise eine Seite mit FAQs, auf der die häufig gestellten Fragen der Patienten ausführlich beantwortet werden, sehr entgegen. Damit kann bereits vor dem ersten Besuch so manche Hemmschwelle abgebaut werden. Neben der Informationsbeschaffung greift jedoch auch im medizinischen Bereich zunehmend der beschriebene Community-Effekt. Auf Plattformen haben Patienten die Möglichkeit, ihre Erfahrungen in einer Praxis und im Kontakt mit dem Arzt oder Personal zu beschreiben und zu bewerten. Das kann sehr begeistert ausfallen, wie zum Beispiel auf jameda.de:

„Da ich nicht so gern zum Zahnarzt gehe, habe ich nach einem Zahnarzt gesucht, der für Angstpatienten eine besondere Behandlung anbietet. So bin ich in der Praxis von Dr. XY gelandet. Dort wird speziell für Menschen, die Angst vor dem Zahnarzt haben, eine Behandlung mit örtlicher Betäubung oder gar Narkose angeboten. Vor der Behandlung selbst wurde ich von Herrn Dr. XY sehr gut beraten und über die durchzuführenden Maßnahmen aufgeklärt. Bei der Behandlung habe ich keine Schmerzen verspürt, sodass ich mit Recht sagen kann, dass ich mich sehr gut aufgehoben gefühlt habe. Dr. XY ist fachlich und menschlich sehr gut. Ich kann diesen Zahnarzt in Z nur empfehlen!“ Hier handelt es sich ganz klar um eine Bewertung mit 1,0 (nach Schulnoten).

Völlig anders liest sich dagegen eine 5,0-Note:
„Wollte mir vollkommen unnötig viel Geld für eine Füllung aus der Tasche ziehen … außerdem unfreundlicher, genervter Eindruck!“

Auch nicht schön für das Praxisimage ist eine Bewertung mit 0 Punkten auf docinsider.de:
„Also ich war früher bei denen in Behandlung, ich hatte nur Probleme mit meiner Zahnspange, bin jede Woche hingegangen, weil irgendwas kaputt war. Die waren auch total unfreundlich, und nach fünf Jahren ohne sichtbares Ergebnis habe ich die Behandlung abgebrochen.“

Die genannten Beispiele zeigen, dass Patienten sowohl ihrer Begeisterung als auch ihrem Unmut freien Lauf lassen. Am letzten Beispiel wird auch deutlich, dass schlechte Erinnerungen eine lange Lebensdauer haben. Wo früher galt, dass positive Erfahrungen an drei Menschen weitergegeben werden, schlechte Erfahrungen jedoch an 10, potenziert sich dieser Faktor im Internet um das Tausendfache. Und das ist ein Faktor, den jeder Zahnarzt im Auge haben sollte. Zumal die Patienten damals wie heute die fachliche Qualifikation des Zahnarztes selten beurteilen können und sie als gegeben voraussetzen. Sie halten sich folglich weiterhin an Faktoren, die ebenfalls wichtig und für die Patienten entscheidend sind: Menschlichkeit, Aufklärung, Atmosphäre der Praxis, Freundlichkeit des Teams und ganz besonders des Zahnarztes. Ob der Behandler grummelig und abweisend wirkte, erfahren heute ungleich mehr Menschen als früher. Auch hier gilt: Wer schreibet, der bleibt. Was geschrieben wurde, bleibt auch, dauerhaft zum Nachlesen noch nach Monaten und Jahren. Ob der Behandler allerdings nur einen schlechten Tag hatte, bleibt auf immer unerwähnt. Die kleine Information steht für das Ganze.

An diesem Beispiel zeigt sich auf eklatante Weise die Veränderung in den Medien. Durch das Internet ist die Informationsmacht der klassischen Medien zu einem großen Teil aufgehoben. Information ist nicht mehr überprüfbar und damit trügerisch. Einflussreiche Diskussionen und Meinungsbildung finden außerhalb der klassischen Medien statt. Jeder Zahnarzt kann für sich die Entscheidung treffen, ob er an dieser Meinungsbildung beteiligt sein möchte – oder ob sie über seinen Kopf hinweggeht. In den entsprechenden Portalen sind die Arztbewertungen nach Punkten beziehungsweise Noten sortiert. Und wer geht zu einem Arzt, der weniger als die volle Punktzahl hat, wenn die Auswahl so groß und die Wege so kurz sind? Die Arztbewertungen erhöhen einerseits den Druck gerade auf Praxen mit instabilem Patentenstamm. Sie bieten jedoch auch eine große Chance für den Zahnarzt, der sich dieses Mediums zu bedienen weiß. Die Beurteilungen im Netz bieten kritisches Feedback und zeigen deutlich auf, ob alles passt, was die Patienten brauchen und wo etwas nicht rund läuft. Dieses Informationswerkzeug kann – und sollte – jeder Zahnarzt nutzen, denn erfahrungsgemäß werden die Kontakt- und Feedbackformulare in Praxen und auf Webseiten nur selten in Anspruch genommen.

Angesichts der unzähligen unabhängigen Verbraucherforen, Social Media, Blogs, Newsroom und Chatrooms fällt es oft schwer, den Überblick zu behalten. Als oberstes Gebot gilt deshalb: keine Manipulation. Keine bezahlten oder gefälschten Statements. Auch von sogenannten Guerilla-Taktiken sieht man besser ab. Die vermeintliche Anonymität des Internets mag dazu verleiten. Daraus entstehende Imageschäden sind jedoch angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich vor allem schlechte Nachrichten hier verbreiten und halten, kaum noch zu beheben. Von den wirtschaftlichen Einbußen ganz zu schweigen.

Erforderliches: Online-PR braucht eine Strategie
Wer sich zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit seiner Praxis für Online-PR entscheidet, kommt um eine strategische Planung nicht herum. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, sich hier einen Profi zur Seite zu stellen. Sonst verliert man im Web 2.0 schnell den Überblick. Zu einer Strategie gehört als erster Schritt die Analyse der Ausgangssituation. Wo steht die Praxis? Wo will sie hin? Was wird bereits an klassischer PR oder Marketingmaßnahmen unternommen? Wie zahlt sich das aus? Grundsätzlich sollten, wie bei der klassischen PR, nur relevante und aktuelle Mitteilungen den Weg in die Öffentlichkeit finden. Das PR-Konzept kann sehr gut mit Online-Marketing-Aktivitäten gekoppelt werden. Die Grenzen sind hier fließend, beide Felder ergänzen sich Online-Auswertungen zufolge sehr gut. Immer vorausgesetzt, dass das dahinter stehende Konzept schlüssig und durchdacht ist. Monitoring, also die Kontrolle der Aufmerksamkeit, ist im Internet sehr viel besser und leichter möglich als bei der klassischen PR. Jeder Webmaster kann die Zugriffe auf die Praxis-Website auswerten, ergänzt um die Information, woher der Zugriff kam. Kam er zum Beispiel aus dem praxiseigenen Newsletter, aus einem Backlink, oder gar aus dem Suchmaschinen-Listing.

Online-PR ergänzt die Außendarstellung einer Praxis, die unter allen Aspekten wichtig ist. Dass sie mit der Praxisphilosophie übereinstimmen sollte, versteht sich von selbst. Es hat sich inzwischen längst durchgesetzt, dass ein einheitliches Erscheinungsbild der Praxis den persönlichen ersten Eindruck eines neuen Patienten stark beeinflusst. Denn es kommt nicht nur darauf an, wie gut der Zahnarzt fachlich ist, sondern auch darauf, für wie gut seine Patienten ihn halten. Design – sprich: konsequente und hochwertige Gestaltung – hebt die Qualität und das Image eines Produktes oder einer Dienstleistung. Der Patient durchläuft verschiedene Stationen, bevor er überhaupt die Möglichkeit hat, mit dem Arzt ins Gespräch zu kommen. Im Gesamtzusammenhang darf deshalb die Präsentation des Praxisangebots – schon vor dem Beratungsgespräch mit dem Patienten – nicht fehlen. Je mehr Stationen davon durch die Praxiskommunikation begleitet werden, je erfolgreicher das PR-Konzept, desto erfolgreicher ist die Praxis selbst. Jeder Zahnarzt, der beschließt, sich hier zu tummeln, eventuell auch sein Praxisteam einzubinden, ist gut beraten, sich zu den geplanten Maßnahmen mit einem Fachmann abzustimmen und eventuell dem Profi die Umsetzung zu überlassen. Das macht Kopf und Kalender frei für das Wesentliche in der Praxis: die Patienten.

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