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Optimale kieferorthopädische Prävention ab dem ersten Jahr

Dr. Herbert Pick, Erfinder des zahnfreundlichen Curaprox Baby-Schnullers, in einem Hamburger Café. © Dental Tribune Online

Fr. 16 September 2016

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HAMBURG – Für viele Eltern ein Segen, für die Kieferorthopädie aber oft ein Fluch. Ein Schnuller, als Ersatz für das natürliche Lutschverhalten von Neugeborenen und Kleinkindern genutzt, kann die Entwicklung von Kieferfehlstellungen, Atmungsstörungen und Schluckbeschwerden begünstigen. Abhilfe schafft der neue Curaprox Baby-Schnuller. Als Präventions- und Therapiemaßnahme bekämpft dieser innovative Schnuller den frühkindlichen Kreuzbiss und offenen Biss – mit teils erstaunlichen Heilungsverläufen.

Dental Tribune Online traf den renommierten Kieferorthopäden Dr. Herbert Pick in einem Hamburger Café zum Interview. Ein Gespräch über Sinn, Zweck und Wichtigkeit des Schnullers – und neue kieferorthopädische Erkenntnisse bei Kindern.

Dental Tribune Online: Wie sind Sie auf die Idee der Entwicklung gekommen?

Dr. Herbert Pick: Ich habe Humanmedizin sowie Zahnmedizin studiert und beschäftige mich seit 40 Jahren mit Kieferorthopädie. Mittlerweile blicke ich auf 10.000 behandelte Patienten zurück. Seit 30 Jahren beschäftige ich mich mit Schnullern. Vor 27 Jahren bin ich außerdem Vater geworden. Mein Sohn war ein Nuckler und es gelang mir nicht, den Schnuller abzugewöhnen. Er entwickelte einen Kreuzbiss und einen offenen Biss, mit fast zwei Jahren war diese Fehlstellung sichtbar. Eine Behandlung dieser Kieferanatomie ist aber generell aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten nicht vor dem siebten Lebensjahr möglich. Also studierte ich die aktuelle Lektüre zu diesem Thema. 70 bis 80 Prozent der Kinder in Westeuropa haben einen Schnuller, davon entwickelt jedes zweite bis dritte Kind einen Kreuzbiss oder offenen Biss. Dies wollte ich ändern und einen perfekt funktionierenden Schnuller entwickeln.

Der Schnuller ist also ausschlaggebend für die Entwicklung des Kiefers?

Das ist richtig. Jeder normale Schnuller drückt in der Gaumenmitte und verhindert den Druck der Zunge auf die Seite des Gaumens. Ein normaler Schnuller kann damit zu einem „gotischen“ Gaumen führen, der meistens mit einem Kreuzbiss verbunden ist. Bei unserem Schnuller will ich die Zungenfunktion ersetzen und damit den Kreuzbiss beziehungsweise offenen Biss verhindern.

Wichtig sind auch die gesundheitlichen Vorteile unseres Curaprox Baby-Schnullers. Ein schmaler Gaumen behindert die Atmung. Um durch die Nase zu atmen, muss ein gewisser Luftraum da sein. Der große Unterschied zu Nasenatmern ist, dass Mundatmer infektionsanfälliger sind. Mundatmer haben viel mehr Mittelohrentzündungen. Bei Mundatmern ist auch die geistige Entwicklung gestört, es kommt zu Schnarchen und Schlafstörungen. Das geht hin bis zum ADL-Syndrom. Nur ein breiter Gaumen ermöglicht eine gute Nasenatmung. Und dies ermöglichen wir mit dem Curaprox Baby-Schnuller.

Wie funktioniert der Schnuller?

Beim Curaprox Baby-Schnuller ist die Verbindung von Lutschkörper und Schild so flach wie möglich. Dadurch minimieren wir die Entwicklung eines offenen Bisses, was wiederum nach Absetzen des Schnullers eine Spontanheilung begünstigt. Der Schnuller liegt am Gaumen hohl und die seitlichen Flügel beugen einen Kreuzbiss vor, indem sie den Zungendruck auf die Seiten des Gaumens simulieren.

Der Schnuller besteht hauptsächlich aus Silikon. Es gibt drei gängige Materialien bei Schnullern: Kautschuk, Latex und Silikon. Silikon ist ein medizinisch fast unbedenkliches Material und unser Silikon wird nur von zwei Firmen in der Welt produziert. Die weiche Silikon-Membran ist außerdem angenehm und unterstützt den natürlichen Schluckvorgang. Ein großer Vorteil ist zudem, dass der Schnuller die Brustwarze imitiert und so die Zungenentwicklung fördert.

Gibt es nur einen Schnuller für alle Babys und Kleinkinder?

Natürlich bieten wir auch unterschiedliche Größen an, je nach Alter und Gewicht der Kinder. Für Neugeborene haben wir die Größe 0, weil wir bemerkt haben, dass ein Schnuller mit breiten Flügeln manchmal nicht sofort akzeptiert wird. Der sogenannte „Nuller-Schnuller“ ist der Gewöhnungsschnuller. Die Kieferentwicklung ist aber verbunden mit der Gewichtsentwicklung. Der Kiefer wächst mit dem Gewicht der Kinder. Wenn sich das Gewicht der Kinder verdoppelt hat, braucht man dann die Größe 1 und so weiter.

Haben Sie Ihren Schnuller als Therapiemaßnahme entwickelt oder als Möglichkeit der Prävention von Fehlstellungen?

Der Curaprox Baby-Schnuller dient vor allem als Mittel der Prophylaxe. Viele Kollegen arbeiten nicht mit Neugeborenen, sondern sehen ihre Patienten frühestens ab fünf oder sechs Jahren, wenn ein Kreuzbiss diagnostiziert worden ist. Die meisten Kollegen wissen auch nicht, wie viele Kinder einen Kreuzbiss oder offenen Biss aufgrund des Schnullers haben. Ein Kreuzbiss oder offener Biss kann schließlich auch angeboren bzw. vererbt worden sein, zum Beispiel im Rahmen des Down Syndroms oder von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten. Zurzeit laufen erste Versuche von Logopäden und Orthopäden, die den Schnuller zur Therapie verwenden. Mit zwei oder drei Jahren gibt es kaum andere Möglichkeiten der Therapie. Die klassische Kieferorthopädie oder Logopädie ist in diesem Alter nicht oder nur bedingt einsetzbar. Diese Lücke aus Entstehung der Fehlstellung und Möglichkeit der Kieferorthopädie schließt unser Schnuller- mit erstaunlichen Resultaten.

Ein Resultat ist, dass der beginnende Kreuzbiss dank des Schnullers anscheinend wieder geheilt werden kann?

So ist es. Auch bei Patienten mit extrem offenen Biss verbessert sich die Situation bei Verwendung des Schnullers dramatisch. Ich hatte z.B. selbst eine dreijährige Patientin mit einem extrem offenen Biss. Innerhalb von etwa 18 Monaten konnten wir den offenen Biss praktisch vollständig korrigieren. Das sind aber keine Einzelfälle. Sobald wir einen Kantbiss bemerkt haben, können wir so den manifesten Kreuzbiss aufhalten. In dieser Phase scheint unser Schnuller das Breitenwachstum so zu fördern, dass der beginnende Kreuzbiss wieder zurückgeführt wird in einen normalen Biss. Es scheint also so zu sein, dass die Zunge ein anderes Schluckmuster entwickelt und so ebenfalls die Breitenentwicklung begünstigt. Das zweite Problem ist, dass sich die Zunge an das „Loch“ zwischen oberen und unteren Schneidezähnen, das durch eine breite Verbindung zwischen Lutschkörper und Schnullerschild bewirkt wird, gewöhnt. Dies führt zum Beispiel zu Sigmatismus, also Sprach- und Schluckstörungen. Unser Schnuller scheint diese Zungenfehlfunktion umstellen zu können. Es gibt erste Hinweise dazu, die wir derzeit wissenschaftlich überprüfen.

Welche klinischen Studien liegen vor?

Die Kinderzahnklinik der Uni Basel hat Zahnfehlstellungen untersucht. In ersten klinischen Studien wurde herausgefunden, dass sich durch den Einsatz des Schnullers Fehstellungen innerhalb von drei bis sechs Monaten erheblich verbesserten. Wir sahen sogar Fälle von Spontanheilungen, vor allem, wo der Kreuzbiss nicht manifest ist. Es ist an einigen Probanden bewiesen. Die Uni Basel arbeitet außerdem derzeit an einer Apparatur, um die Druckverteilung der Zunge messen zu können. Damit können wir klinisch genau die Umstellung der Zunge analysieren und so den Schnuller weiterhin verbessern. Erste Ergebnisse werden wir bald zusammen mit den Experten von Curaden veröffentlichen.

Würden Sie den Schnuller allen Eltern empfehlen?

Stillen und kein Schnuller ist der beste Schnuller. Wenn man lange genug stillt, braucht man keinen Schnuller. Aber wenn schon Schnuller, dann ein guter, der die Entwicklung fördert. Das war mein Ziel für die Entwicklung. Die Zunge wird ja im Baby- und Kleinkindalter sehr trainiert und die Zungenentwicklung ist in den ersten Jahren entscheidend. Unser Schnuller soll die natürliche Entwicklung trainieren und optimieren. Zur Korrektur einer Fehlstellung darf der Schnuller auch ein paar Stunden am Tag genommen werden, aber nicht ständig. Bei bereits bestehenden Fehlstellungen darf der Schnuller auch über die "ominösen" zweieinhalb Jahre hinaus verwendet werden, da er anscheinend korrigierend wirkt.

Sie bemerkten in Ihrer Zeit als Kieferorthopäde Unterschiede in der Kreuzbissentwicklung bei Jungen und Mädchen. Können Sie diese Unterschiede genauer erläutern?

Meine Theorie aufgrund meiner Praxiserfahrung ist, dass sehr viel mehr Mädchen Kreuzbisse haben und es mehr linksseitige als rechtsseitige Kreuzbisse gibt. Ich denke, dies hat evolutionäre Gründe. Mädchen werden mit einem geringeren Geburtsgewicht geboren, überholen aber dann die Burschen. Die Kieferentwicklung geht parallel zur Gewichtsentwicklung. Die Mädchen bekommen früher Milchzähne und auch früher Milcheckzähne, wahrscheinlich in der Zeit des Schnullers. Das Gehirn scheint zudem die Entwicklung der linken und rechten Milcheckzähne zu beeinflussen, da diese zu unterschiedlichen Zeiten durchbrechen. Dies scheint vom Gehirn gesteuert zu sein. In meiner Praxis habe ich Rechts- und Linkshänder in Relation zu ihrer Kreuzbissentwicklung gestellt. Auch wenn die Ergebnisse sicher nicht exakt sind, zeigt sich, dass der erste Eckzahn den Zwangsbiss und Kreuzbiss fixiert. Dies ist meine Theorie. Die evolutionäre Theorie ist natürlich bereits bewiesen.

Bis jetzt hat sich Ihre Disziplin eher auf die Behebung und Verbesserung von Fehlstellungen spezialisiert, weniger auf die Prophylaxe. Wie ist die Prophylaxe in der Kieferorthopädie verankert?

Wir Ärzte sollten grundsätzlich Prävention betreiben und jegliche Erkrankungen und Fehlstellungen aus ethischen Gründen vermeiden. Arbeit bleibt trotzdem genug. Wir nehmen uns ja damit keine Arbeit weg. Es ist aber leider so, dass unter den Kieferorthopäden der Präventionsansatz noch nicht sehr verbreitet ist. Die Kieferorthopädie behandelt zwar erfolgreich etwa einen Kreuzbiss oder einen offenen Biss, fragt aber bisher noch nicht genug nach der Ursache dieser Fehlstellungen, vor allem bei Kindern. Hier würde ich mir einen Sinneswandel wünschen. Der Informationsstand in der Kieferorthopädie ist da relativ schlecht.

Wie sehen Sie die internationale Bedeutung Ihrer Entwicklung?

Weltweit sehe ich einen großen Bedarf für den Curaprox Baby-Schnuller. In Nordamerika gibt es zum Beispiel eine ähnliche hohe Zahl an Fehlstellungen. Meine Kollegen aus Skandinavien sind ebenfalls stark an Prävention interessiert, von hier stammen auch die meisten Studien. In Schweden wurde z.B. die Zahl von 37 Prozent Kreuzbissen bei Schnullerkindern ermittelt. Ich denke, in den entwickelten Ländern haben, wie bereits gesagt rund 30 bis 45 Prozent der Kinder mit Schnuller einen Kreuzbiss. In den Entwicklungsländern gibt es sicherlich weniger Fehlstellungen, jedoch kenne ich hierzu keine Studien.

Was halten Sie von Schnullern als Keimfänger? Wie sehen Sie den hygienischen Aspekt?

Ich denke, dass Kinder nicht zu steril aufgezogen werden sollten. Kinder müssen eine Abwehr aufbauen und das Spielen im Freien hilft. Ich denke aber auch, dass Erwachsene den Schnuller nicht abschlecken sollten. Die Mundflora von Erwachsenen unterscheidet sich von der ihrer Kinder. Es macht aber nichts, wenn er herunterfällt. Ich würde ihn im Wasser abspülen und dann weiter benutzen.

Sie haben bereits 2008 einen Schnuller herausgebracht, sich dann aber für eine Weiterentwicklung und Zusammenarbeit mit Curaden entschieden. Was waren die Gründe für diese Zusammenarbeit?

Curaden steht für Qualität und setzt sich mit einem beeindruckenden Engagement für die gesamte Zahnheilkunde ein. Oft werde ich in meiner Praxis gefragt, warum ich gerade die Curaprox-Produkte empfehle. Curaden schaut in erster Linie nicht auf den Preis, sondern auf die Qualität und Funktionsweise ihrer Produkte. Das Unternehmen versteht, dass wir bei der Erziehung der Kleinsten ansetzen müssen. Der Schlüssel für die Entwicklung der Kleinen ist dabei immer die optimale Zahnhygiene. In den Drogeriemärkten steht niemand begeistert vor dem Zahnpastaregal. Der Mund und die Zähne sind aber das Tor zu unserem Körper, der Eingang und Schlüssel für unsere Entwicklung. Curaprox Baby ist deshalb ausschließlich in Apotheken und Praxen verfügbar, schließlich kommt dieses Produkt von Zahnärzten. Curaden ist der richtige Partner für eine effektive Entwicklung des Zahnes über alle Generationen hinweg.

Schließlich: Wie geht es Ihrem Sohn heute?

Dental gesehen schlecht. Sein Biss ist immer noch asymmetrisch, er besitzt nach wie vor einen leicht offenen Biss. Nun bin ich aber froh, dass mein Schnuller anderen Kindern und Eltern helfen kann.

Vielen Dank für das Interview.

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