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Wenn ein Koffer Zahnbürsten zur zahnmedizinischen Klinik wird

Über mehrere Jahre baut eine Schweizerin mit viel Engagement eine zahnmedizinische Klinik in Myanmar auf. © Swiss Dental Hygienists
Swiss Dental Hygienists

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Mo. 19 Februar 2018

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SURSEE – In 15 Jahren hat die Schweizer Dentalhygienikerin Aygol Vermot Babaki in Myanmar eine zahnmedizinische Klinik aufgebaut.

Was mit der Anfrage eines Patienten begann, ist heute ein Lebenswerk: 2003 bat ein Patient, der sich als Freiwilliger in der Entwicklungszusammenarbeit für Myanmar engagierte, die Schweizer Dentalhygienikerin Aygol Vermot Babaki um Unterstützung. Darauf begann sie auf eigene Faust Zahnbürsten zu sammeln, die sie für Kinder nach Myanmar schickte. Aus dieser Initiative entstand das Projekt „Swiss Dental Help in Myanmar“, das sich bis heute zu einer Zahnklinik entwickelt hat, in der rund 2000 Patientinnen und Patienten behandelt werden.

2007 reiste Aygol Vermot Babaki mit ihrem Mann erstmals nach Myanmar und brachte jede Menge Zahnbürsten und Prophylaxe-Material mit. Die beiden besuchten in Mandalay, der zweitgrössten Stadt des Landes, die Klosterschule Phaung Daw Oo (PDO) und informierten bzw. instruierten die Kinder über die Wichtigkeit der Mundgesundheit. Ebenso wurden die Lehrpersonen geschult, denn „was wir sahen, schockierte uns. Über achtzig Prozent der Kinder litten unter gravierenden Zahnproblemen“, sagt Aygol Vermot Babaki.

Fehlendes Bewusstsein in der Bevölkerung

Das Wissen der Myanmaren über Fragen der Gesundheit und Prävention im Allgemeinen ist nach wie vor bescheiden. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung des Landes sowie der oft seit Generationen unveränderten Gewohnheiten in den Familien wird besonders auch der Mundhygiene nur geringe Bedeutung beigemessen. Hinzu kommt, dass sich die überwiegend arme Bevölkerung keine zahnmedizinische Versorgung leisten kann. Erst wenn die Schmerzen unerträglich werden, suchen die Menschen einen so genannten Zahnklempner auf, die auf Märkten mit brachialen Methoden tun, was sie halt können; oft nicht zum Vorteil der Patienten.

In dieser Situation besteht grosse Nachfrage nach professioneller Zahnbehandlung. Kein Wunder entwickelte sich die Zahnklinik von Aygol Vermot Babaki und ihrem Mann Steeve Vermot in rasantem Tempo. Dazu trug auch deren Standort an der PDO mit ihren rund 9000 Schülerinnen und Schülern bei – deren wirtschaftlich benachteiligten Eltern ebenfalls bald zu den Patienten zählten. Schon bald zeigte deshalb, dass für die Betreuung der Patienten eine professionelle Institution mit angemessenen Strukturen nötig wurde. Aygol Vermot Babaki und ihr Mann gründeten als Dachorganisation der zahnmedizinischen Klinik die Vereinigung „Association Thannaka“. Nebenbei: Thannaka bezeichnet eine gelblich weisse Paste, die Kinder und Frauen als Sonnencrème oder Schutz vor Akne verwenden.

Die zahnärztlichen Behandlungen führen in der Klinik einheimische Zahnmediziner teilzeitlich aus. „Seit der Gründung unterstützen uns pro Jahr zwei bis drei Zahnärzte und Dentalhygienikerinnen in Myanmar. 2016 waren es sogar zehn Freiwillige. Sie behandeln für einige Tage oder Wochen unentgeltlich die Kinder, die an der PDO zur Schule gehen. Und sie halten Kurse zur Zahnvorsorge und schulen einheimische Zahnärzte“, sagt Aygol Vermot Babaki.

Zusammenarbeit mit der Universität Bern

Über die Jahre hat sich Aygol Vermot Babakis Engagement in der Fachwelt herumgesprochen. So entstand eine Partnerschaft mit den Zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern. Allein zwischen September 2017 und Januar 2018 leisten rund dreissig neudiplomierte Zahnärzte einen unentgeltlichen Einsatz in der Klinik. 2018 werden rund dreissig Studierende der Zahnmedizin die Zahnärzte unterstützen und Kurse in Prophylaxe geben. Möglich ist dieser Einsatz nach dem vierten Studienjahr.

Preisgekrönt

Ende 2014 meldete sich die International Federation of Dental Hygienists (IFDH) bei Aygol Vermot Babaki: „Wir sind inspiriert von Ihrem Engagement für die Verbesserung der Mundgesundheit benachteiligter Kinder“, schrieb IFDH-Präsidentin JoAnn R. Gurenlian und gratulierte Aygol Vermot Babaki zum zweiten Platz beim Social Responsibility Award, mit dem die IFDH zusammen mit dem Global Child Dental Fund jährlich Freiwilligenprojekte zugunsten von Kindern in armen Ländern würdigt. „Für uns war dies eine grosse Ehre und Bestätigung unserer Arbeit“, sagt Aygol Vermot Babaki.

Auf Spenden angewiesen

Die Stiftung Thannaka versorgt je länger je mehr Menschen mit zahnärztlichen und dentalhygienischen Leistungen. Dazu sind ebenso finanzielle Mittel notwendig wie für die langfristige Sicherung der für die Kinder kostenlosen Schule PDO. Gesucht sind also Privatpersonen, Unternehmen, Verbände und andere Organisationen, die das Projekt finanziell unterstützen.

Weitere Information

Die Vereinigung Thannaka ist im Internet auf den folgenden Plattformen präsent:

Das Land der tausend Pagoden

Myanmar ist ein Entwicklungsland nordwestlich von Thailand. Von 1962 bis 2011 herrschte eine Militärdiktatur, die den Vielvölkerstaat mit 52 Mio. Einwohnern nach aussen abschottete. Unter dem Druck des Auslands wurde 2011 ein ziviler Präsident eingesetzt. Damit begann eine Öffnung des Landes, wobei auch heute noch Menschenrechtsverletzungen häufig sind. Aufgrund der nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Lage ist die Bevölkerung auch medizinisch schlecht versorgt und das allgemeine Wissen um Gesundheit und Prophylaxe ungenügend.

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