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Der Zahn, der Mund und das Unbewusste

Wenn der Patient liegt, entspannt er. Gerade in dieser Position greift der Zahnarzt ein. (Foto: Zdorov Kirill Vladimirovich) Serghei Starus
med. dent. Roman Wieland

med. dent. Roman Wieland

Di. 24 August 2010

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BASEL - Diplom-Psychologe Georg Milzner aus Münster, Deutschland, präsentierte auf äusserst spannende Art und Weise, wie sich das Angstempfinden und Unwohlsein eines Patienten vor dem Zahnarzt erklären lässt.

Als Erklärung, warum es überhaupt zu einer Angst kommt, dient das Unbewusste. Nebst dem Behandler und dem Patienten ist auch das Unbewusste mit auf dem Zahnarztstuhl, handelt im Gegensatz zu den ersten Zweien aber nicht rational.

Fadenscheinige Absagegründe oder ein Nicht-Öffnen-Wollen des Mundes durch das Kind, würde am Stammtisch als „es isch halt d’Angst vor de Schmerze“ beschrieben werden. Diese Beschreibung ist aber unvollständig, denn warum haben Patienten vor den ebenfalls sehr schmerzhaften Orthopäden und Urologen keine Angst? Beim Zahnarzt spielt auch die unbewusste Angst eine Rolle, Patienten können diese Angst aber nicht beschreiben. Der Mundraum ist eine Intimsphäre, beim Eindringen entstehen unbewusste Reaktionen, was bis zu einer Demütigung führen kann. Georg Milzner therapiert beispielsweise traumatisierte Patienten nicht im Liegen, sondern im Sitzen damit diese nicht in eine Regression kommen. Das Problem beim Zahnarzt liegt in der liegenden Position: Der Patient entspannt sich und fühlt sich in dieser Lage wehrlos, und genau in dieser Situation greift der Zahnarzt ein.

Das Unbewusste spielt auch in der Erinnerung eine wichtige Rolle. Ein Patient, der bereits beim Erzählen vom Zahnarztbesuch von der Assoziation Nadel – Schmerz in Panik gerät, bei dem muss in der Biografie nach einem Auslöser gesucht werden. Oftmals sind Geschichten wie „Ich wurde in meiner Kindheit beim Blutabnehmen gegen meinen Willen festgehalten und mehrmals gestochen“, anzutreffen.

Das Unbewusste kann auch bei der Erinnerung mitspielen, als Beispiel führte Georg Milzner einen tragischen Patientenfall mit unbekanntem Würgereiz vor. In diesem Beispiel lag das Problem nicht bei der Patientin, sondern bei der Projektion eines Problems der Mutter auf sich selber. Die Mutter hatte eine Vergewaltigung mit einem Gewehrlauf im Mund erlebt, die Patientin assoziiert nun ein Eindringen in ihren Mund als Demütigung und Todesangst.

Die Rolle eines Hypnotherapeuten in der Zahnmedizin kann nun sein, Schmerzen durch hypnotische Suggestion anders wahrzunehmen, oder bereits vor einem angsterfüllten Zahnarztbesuch die potenzielle Angst zu diagnostizieren. Laut Georg Milzner leiden etwa ein Drittel aller Patienten unter Zahnbehandlungsangst.
 

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