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Digitalisierung der Praxis - professionell umsetzen

Dr. med. dent. Bendicht Scheidegger

Dr. med. dent. Bendicht Scheidegger

Do. 16 Juni 2011

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STEFFISBURG - Über Erfahrungen und Fallstricke bei der Softwareumstellung in seiner Zahnarztpraxis berichtet Dr. med. dent. Bendicht Scheidegger.

In unserer Praxisgemeinschaft mit 4 Behandlungszimmern - 3 Zahnärzten, 4 DH’s (Teilzeit) und 5 Dentalassistentinnen - stellte sich die Frage nach einer neuen Praxissoftware. Bis anhin wurde lediglich das Rechnungs- und Recallwesen am Computer erledigt. Nebst den bisherigen Punkten sollten die Agenda sofort, das Röntgensystem mittel- und die Krankengeschichten langfristig mit dem neuen Programm geführt werden können. Die ganze Umstellung sollte schrittweise neben dem normalen Praxisbetrieb stattfinden, sowie keine Nachteile (zum Beispiel Zwischenrechnungen) für den Patienten bedeuten.

Im ersten Schritt wurde die Software evaluiert. Welches Betriebssystem soll es sein, Mac oder Windows? Wir entschieden uns für eine rein Mac-basierte Hard- und Software. So musste beides neu angeschafft werden, was sich sowieso empfiehlt, um immerhin für kurze Zeit wieder einmal à jour zu sein. Das Netzwerk war glücklicherweise in unserer Praxis bereits vorhanden.

Nach dem Erstellen eines Zeitplanes wurden zusammen mit dem Softwareanbieter die Details wie Datensicherung, Layoutgestaltung und Datenübernahme geklärt. Einfachheitshalber empfiehlt sich, die Hardware zusammen mit der Software beim gleichen Anbieter anzuschaffen, um nur ein Ansprechpartner bei Problemen zu haben.

Transfer der Recalldaten nicht unterschätzen
Der Datentransfer insbesondere der Recalldaten stellte - wie sich weisen sollte - die grösste Herausforderung dar. Dabei sollte bedacht werden, per wann die Umstellung erfolgen soll. Psychologisch empfiehlt sich für das Praxisteam der Jahresanfang. Dies bedeutet aber während der Vorweihnachtszeit erhöhte Präsenz oder ein Arbeiten in der Altjahrswoche. Der Datentransfer sollte möglichst nahe dem Installationsdatum sein, um dazwischen möglichst keinen Mehraufwand zu generieren. Wir haben uns entschieden, per 1. Januar 2011 die Agenda digital zu führen, sowie neu angefangene Arbeiten über das neue System abzurechnen. Bereits angefangene Arbeiten werden bis Therapieabschluss an einer Station mit der alten Software abgerechnet. Dieses Ausschleichen bedeutet die Eröffnung eines neuen Kontos, um die elektronischen ESR-Abbuchungen getrennt tätigen zu können. In unserem Fall bedeutet dies eine Doppelspurigkeit von 10-12 Monaten, wobei die Anzahl Fälle im alten System mit der Zeit exponentiell abnehmen.

Nur die aktiven Patienten übertragen
Elf Jahre hatte die frühere Software ihren Dienst geleistet, und wir erachteten es als sinnvoll, nur die aktiven Patienten auf das neue System zu übertragen. Unsere Dentalassistentinnen hatten im Oktober die Aufgabe, alle nicht mehr aktiven Patienten in der alten Software zu inaktivieren und die Krankengeschichten im Keller zu lagern. Sollte einer dieser Patienten wieder aufkreuzen, kann seine Nummer im neuen Programm reaktiviert werden, falls sie nicht bereits anderweitig vergeben wurde.

Mitte November 2010 fand der Datentransfer (Patientenkartei-Stammdaten wie: Karteinummer, Name, Adresse, Telefonnummern und Recalldatum) statt, wobei hier je nach Programm Probleme mit der Kompatibilität auftreten können. In unserem Fall mussten später sämtliche Recalldaten von Hand neu eingegeben werden, was einen grossen Aufwand bedeutete.

Schulung wichtig für den Erfolg
Die Schulung des Personals war ein wichtiger Punkt, damit die teilweise hoch entwickelten Mechanismen sich nicht nachteilig auswirken. So ist gerade die Verwaltung der Recalls mit Sorgfalt zu handhaben, da nach deren Ausdruck alle Patienten automatisch auf die nächste Recallperiodizität gestellt werden. Unsere Dentalassistentinnen und Dentalhygienikerinnen wurden einen ganzen Tag geschult. Am Tag X wurden die neuen Computer eingerichtet und eine Station mit der alten Software zum „Ausschleichen“ belassen.

Weg vom „Buch“ - die grösste Umstellung
Das Eingeben der Agenden (7 Behandler in 4 Zimmern) stellte ebenfalls eine Herausforderung dar, denn alle Termine vom neuen Jahr mussten in der Vorweihnachtszeit eingeben werden. Einen positiven Punkt stellte die damit verbundene Gewöhnung an die Agenda dar, denn nach Jahren des „Buches“ war dies sicher die grösste Umstellung für die Dentalassistentinnen. Die Termine wurden fortlaufend eingegeben und nach Komplettierung und Kontrolle das jeweilige Buch entfernt. Bis zum 24. Dezember 2010 war alles vorbereitet, um im neuen Jahr mit der neuen Software zu arbeiten.

Hotline sicherstellen
Nach freier Altjahrswoche und Erholung von der ersten Anstrengung mit der neuen Software folgte dann der Start mit vielen offenen Fragen, welche nach und nach beantwortet wurden. Dabei sind eine gute Hotline des Softwareherstellers und ein entsprechendes Abonnement ebendieser wichtig, damit anstehende Fragen und Änderungswünsche möglichst rasch bearbeitet werden können. Denn sonst kann sich die Pendenzenliste bis ins Unerträgliche aufstauen und den Praxisbetrieb beeinträchtigen. Hier empfiehlt sich das Abklären der Hotline- und Programmierdienstleistungen einer Softwarefirma.

Interne und externe Sicherung
Die Datensicherung findet in unserem Fall an Ort mit Hilfe einer TimeCapsule statt, die den Server laufend spiegelt. Für die Datensicherung ausserhalb der Praxis wurde ein Automatismus entwickelt, welcher einmal täglich auf einem Stick die Daten sichert, welcher täglich ausgewechselt und aus der Praxis getragen wird. Wird die Datenmenge zu gross werden (Röntgenbilder, Fotos) ist die Möglichkeit einer externen Sicherung per Internet gegeben.

Mac für Röntgen lässt auf sich warten
Die Digitalisierung der Röntgenanlage lässt nun leider etwas auf sich warten, da es noch keine Mac-basierte Röntgensoftware gibt. In etwa einem Jahr sollte es soweit sein, dass OPG und Intraoralfilme mit einer solchen Software erhältlich sein werden. Die Umstellung hin zur papierlosen Praxis, haben wir bewusst auf später verschoben, wenn etwa 5 Jahre digitale Röntgen vorhanden sein wird, um die Röntgenfilme nicht scannen zu müssen. Aufgrund unseres langjährigen Patientenstammes wäre dies ein immenser Aufwand. Geplant ist nach etwa 5-jährigem digitalem Röntgenarchiv das Einscannen der KGs, wobei die Röntgenfilme dann separat archiviert (für langfristige Verlaufskontrollen) werden.

Checkliste Digitalisierung bereinigt

1. Evaluation der neuen Soft- und Hardware inkl. Backup Juli/August 2010

2. Erstellung eines prov. Zeitplanes für die Umstellung September 2010

3. Kontaktaufnahme mit Softwarehersteller September 2010

4. Eröffnung neues Kontokorrentkonto November 2010

5. Bereinigung der KGs (nur aktive Pat. transferieren) November 2010

6. Schulung des Personals 1. Dezember 2010

7. Tag X – Exportieren der Datenbank 1. Dezember 2010

8. Tag Y – Installation der neuen Soft- und Hardware 5. Dezember 2010

9. Eingeben der Agenden bis Ende Dezember 2010

10. Arbeiten mit dem neuen System 1. Januar 2011

11. Auslaufen des alten Systems bis Ende 2011

Positives Fazit
Dank grossem Einsatz unserer Dentalassistentinnen konnten die ersten Schritte der Praxisdigitalisierung neben dem ordentlichen Praxisbetrieb durchgeführt werden. Wir freuen uns auf unseren nächsten Schritt, der digitalen Röntgenanlage.

Zum Beispiel der auf allen Stationen aufrufbare Telefonmonitor, der beim Patientenanruf durch Nummernerkennung gleich die Patientenkarte öffnet und so den nächsten Termin angibt, sowie der Terminkartendrucker, der auf einer Visitenkarte die Termine aufführt, sind eine ungemeine Erleichterungen im Praxisalltag und geben ein professionelles Erscheinungsbild.

Da ich bereits während meiner Assistenzzeit eine Softwareumstellung mitgestalten durfte, habe ich zwei unterschiedliche neue Systeme miterlebt und stelle meine Erfahrungen gerne Kollegen, welche vor diesem arbeitsintensiven Schritt stehen, zur Verfügung.

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