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Höhere Belastung, aber weniger Druck und Stress

Die Arbeitsbelastung im vergangenen Jahr wurde im Vergleich zum Jahr davor als noch höher eingeschätzt. © N Felix/peopleimages.com – stock.adobe.com
Universität Bern

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Di. 13 Februar 2024

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BERN – Die Teilnehmenden verspürten weniger emotionale Erschöpfung (- 6.5%) und weniger Zeitdruck (- 2.3%) (siehe Grafik 1) im Vergleich zur Zeit der Covid-19-Pandemie. Auch die Stressbelastung wurde als etwas tiefer eingeschätzt.

Obwohl das Pflegepersonal in Schweizer Spitälern in den letzten zwölf Monaten weniger Druck, Erschöpfung und Stress als während der Hochphasen der Covid-19-Pandemie verspürte, nahmen Arbeitsbelastung und Überstunden sogar weiter zu. Die Zufriedenheit und die Wahrscheinlichkeit, weiterhin im Pflegeberuf arbeiten zu wollen, stiegen wieder etwas an, bleiben aber weiterhin unter dem Niveau vor der Pandemie. Dies zeigt der aktuelle Spitalpflegereport von Forschenden der Universität Bern. Zudem besteht im Bereich Digitalisierung in vielen Spitälern Nachholbedarf.

Seit 2019 untersucht der Spitalpflegereport Schweiz des Instituts für Unternehmensrechnung und Controlling (IUC) jährlich in enger Kooperation mit Schweizer Spitälern das Arbeitsumfeld des Pflegepersonals. Im Sommer und Herbst 2023 führten Markus Arnold, Arthur Posch und Lynn Selhofer vom IUC erneut eine Umfrage unter rund 3'400 Pflegefachpersonen aus 22 Schweizer Spitälern durch. Die aktuelle Erhebung ermöglicht einen Einblick in das Arbeitsumfeld nach der Covid-19-Pandemie und zeigt ihre Nachwirkungen auf. Die Befragung nahm erstmals auch die Digitalisierung in Schweizer Spitälern in den Blick.

Belastung und Druck der Pflegefachpersonen fallen tiefer aus

Das Engagement für Patientinnen und Patienten blieb trotz der Belastung über die letzten fünf Jahre hinweg weitgehend auf hohem Niveau. «Es ist bemerkenswert, dass sich während der gesamten Covid-19-Pandemie der Einsatz für die Patientinnen und Patienten seitens des Pflegepersonals kaum verändert hat. Eine gute Betreuung war den Pflegefachpersonen auch während der Pandemie immer ein ausserordentlich wichtiges Anliegen», betont Markus Arnold.

Die Arbeitsbelastung im vergangenen Jahr wurde dagegen im Vergleich zum Jahr davor sogar als noch höher eingeschätzt. Dazu trugen zum einen mehr Überstunden, zum anderen besonders Personalwechsel in der Abteilung, die Umstrukturierung von Abteilungen, aber auch der Einsatz von Temporärpersonal anstelle von Festanstellungen bei. Viele Spitäler sind sich mittlerweile bewusst, dass Temporärangestellte oft von flexiblerer Dienstplanung und besserem Lohn als Festangestellte profitieren. Dies kann bei Festangestellten zu erhöhter Arbeitsbelastung durch Nacht- und Wochenenddienste führen. «Massnahmen wie diese können Belastungsspitzen zwar kurzfristig brechen, diese Umfrage zeigt jedoch, dass diese bei Pflegefachpersonal langfristig zu erhöhter Belastung führen», erklärt Markus Arnold.

Grafik 1: Die Teilnehmenden verspürten tiefere emotionale Erschöpfung (-6.5%) und weniger Zeitdruck (-2.3%) im Vergleich zur Covid-19-Pandemie. © zvg

Pflege braucht nach wie vor Unterstützung

Die allgemeine Arbeitszufriedenheit stieg im Vergleich zur zweiten und dritten sowie zur vierten und fünften Covid-19-Welle an. Sie befindet sich nun fast wieder auf dem Niveau vor dem Ausbruch der Pandemie. Als positive Einflussfaktoren für die Arbeitszufriedenheit wurden vor allem eine gute Teamkultur, hohe Entscheidungsbefugnisse, ausgebaute Weiterbildungsmöglichkeiten und eine umfassende Nutzung des digitalen Potenzials genannt. Die Zufriedenheit mit der Bezahlung ist dagegen nach wie vor insgesamt relativ tief und liegt trotz einer leichten Zunahme gegenüber den letzten beiden Jahren weiterhin 14% unter der Zufriedenheit vor der Pandemie (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Die Zufriedenheit mit der Bezahlung ist dagegen nach wie vor insgesamt relativ tief und liegt trotz einer leichten Zunahme gegenüber den letzten beiden Jahren weiterhin 14% unter der Zufriedenheit vor der Pandemie. © zvg

Die Wahrscheinlichkeit, in zwei Jahren in derselben Abteilung des Spitals oder weiterhin im gleichen Beruf zu arbeiten, stieg zwar im Vergleich zu den letzten zwei Befragungen leicht an, liegt aber im Durchschnitt immer noch rund 5% unter den Werten vor der Pandemie (siehe Grafik 3). «Hier werden die Nachwirkungen der Covid-19-Krise und die schwierige Arbeitssituation in den Ergebnissen besonders sichtbar. Das Berufsfeld braucht unbedingt Unterstützung», erläutert Arthur Posch.

Grafik 3: Die Wahrscheinlichkeit, in 2 Jahren in derselben Abteilung des Spitals oder weiterhin im gleichen Beruf zu arbeiten, erholte sich zwar im Vergleich zu den letzten zwei Befragungen leicht, liegt aber im Durchschnitt immer noch rund 5% unter den Werten vor der Pandemie. © zvg

Die Umsetzung der Pflegeinitiative lässt auf sich warten

Obwohl die Pflegeinitiative den negativen Entwicklungen punkto Belastung und einer sinkenden Wahrscheinlichkeit des Verbleibs in Spital und Beruf entgegenwirken sollte, wird der Umsetzungsstandard vor allem in kleinen Spitälern als sehr gering eingestuft. 60% der Pflegefachpersonen gaben an, dass ihr Spital noch nicht aktiv an der Umsetzung der Pflegeinitiative arbeitet (wie z.B. durch Ausweitung der Aus- und Weiterbildungsplätzen, bessere Schichtplanung). Für rund 70% der Teilnehmenden sind Fortschritte bei der Umsetzung noch nicht wirklich sichtbar.

Verbesserungsbedarf bei der Digitalisierung von Schweizer Spitälern

Fast 90% der Pflegefachpersonen gaben an, dass ihr Spital ein digitales System zur Pflegedokumentation nutzt. Die Nützlichkeit dieser digitalen Dokumentationssysteme wird aktuell als durchschnittlich eingestuft. Auch deren Qualität, vor allem die Benutzerfreundlichkeit, wird als mittelmässig bewertet. «Im Durchschnitt gaben die Pflegefachpersonen an, dass in den Abteilungen erst rund 65% des digitalen Potenzials bei täglichen Aufgaben (Umgang mit Dokumenten, Prozesse, Kommunikation) ausgeschöpft ist. Das zeigt, dass in Schweizer Spitälern noch Aufholbedarf im Bereich Digitalisierung besteht», erläutert Lynn Selhofer.

Es zeigt sich zudem, dass eine hohe Ausschöpfung des digitalen Potenzials mit erhöhter Pflegequalität einhergeht. Abteilungen mit einer höheren Digitalisierung erreichen auch ein höheres Level an Innovationsaktivitäten (wie z.B. Entwicklung neuer Pflegeansätze, Einführung neuer Techniken). «Die Digitalisierung in Spitälern ermöglicht nicht nur eine effektivere Arbeit, sondern fördert die Innovativität des Pflegepersonals und damit auch der Spitäler», verdeutlicht Markus Arnold.

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