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Kreditmanagement: Instrument des Krisenmanagements

Geschäftsführer der Zahnärztekasse AG, Thomas Kast.
Johannes Eschmann, DT Switzerland

Johannes Eschmann, DT Switzerland

Di. 13 Oktober 2009

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WÄDENSWIL – Die gegenwärtige Wirtschaftskrise wird auch am Zahnärztemarkt nicht spurlos vorübergehen. Ein Interview aus der Schweiz.

Der Geschäftsführer der Zahnärztekasse AG, Thomas Kast, ist davon überzeugt, dass der Einbruch des Privatkonsums mit verzögerter Wirkung einen Rückgang der Nachfrage nach zahnmedizinischen
Leistungen auslöst. Sein Rezept gegen die Rezession: Konsequenter Fokus auf die Verbesserung der Dienstleistungsqualität und ein straffes, sprich professionelles Kreditmanagement.

Dental Tribune: Herr Kast, alles spricht von Krise. Welche Risiken sehen Sie für Zahnarztpraxen in der Schweiz?
Thomas Kast:
Bei der letzten Rezession haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die Zahlungsmoral rasant verschlechterte, und zwar in dramatischem Ausmass. Nachdem die Dotcom-Blase im Jahr 2000 geplatzt war, kletterte die Zahl der Zahlungsbefehle, Pfändungen und Betreibungen in der Schweiz in
schwindelerregende Höhe. Diesmal dürfte es nicht anders sein. Das Verlustrisiko steigt massiv, und die Liquidität der Unternehmen ist hochgradig gefährdet. Das gilt auch für Zahnarztpraxen.

Diesmal scheint es jedoch eher Betriebe der Schweizer Industrie zu treffen...
Genau, und das wirkt sich nun auf den Arbeitsmarkt aus. Die am 7. August vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO veröffentlichten Zahlen geben wirklich Anlass zur Sorge. Von 3,4% im April stieg die Arbeitslosenquote im Juni auf 3,6% und im Juli weiter auf 3,7%. Die Zahl der Arbeitslosen und Stellensuchenden nimmt also ständig weiter zu, und im Herbst ist mit einer eigentlichen Entlassungswelle zu rechnen. Laut KOF* gedenken rund 45 % der Betriebe Personal abzubauen. Dass der Privatkonsum einbricht, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und da zahnmedizinische Leistungen nun einmal dem Privatkonsum zuzurechnen sind, werden auch sie betroffen sein. Mit Verzögerung zwar, aber es wird auch
diesen Markt treffen.

Betreiben Sie da nicht etwas Schwarzmalerei?
Die Konsumentinnen und Konsumenten werden sparen, wo sie nur können: bei Wohneinrichtung
und Auto, bei der Bekleidung, bei Freizeitvergnügungen wie auswärts Essen, bei den Ferien und wohl auch bei nicht dringend notwendigen Zahn- oder Kieferbehandlungen.

Also bleibt den Zahnärztinnen und Zahnärzten in der Schweiz nichts anderes übrig als abzuwarten
und auf bessere Zeiten zu hoffen?

Ganz im Gegenteil. In dieser wirtschaftlich herausfordernden Zeit ist es erst wichtig, sich voll und ganz auf die Verbesserung der Marktleistung zu konzentrieren. Im Vordergrund steht ganz klar die konsequente Fokussierung auf die Kernkompetenzen, auf die perfekte Betreuung der Patientinnen und
Patienten. Dazu braucht es vor allem gut ausgebildete Mitarbeitende, die für die Patienten uneingeschränkt verfügbar sein müssen und sich nicht hinter administrativen Arbeiten verstecken
sollten. Auch innovatives Denken ist gefragt.

Was Innovation anbetrifft, sind die Möglichkeiten einer Zahnarztpraxis wohl eher beschränkt.
Jedenfalls stelle ich fest, dass viele Zahnarztpraxen ihre Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen. Warum nicht einem Patienten drei Optionen für eine zahnmedizinische Behandlung im Sinne von „Luxusvariante“, „Mittelweg“ und „Langfristprovisorium“ anbieten? Warum nicht längere Zahlungsfristen
gewähren? Warum nicht die Möglichkeit der Teilzahlung als Akquisitionsinstrument nutzen? Warum nicht den Markt aktiver bearbeiten? Die ausländische Billigkonkurrenz tut dies schon längst und nicht
gerade mit vornehmer Zurückhaltung.

Die Ankurbelung des Geschäfts ist schön und gut, aber was, wenn die Patientinnen und Patienten Zahnbehandlungen zwar in Anspruch nehmen, aber nicht zahlen können oder wollen? Das Wort Zahlungsmoral ist gefallen ...
Tatsächlich befindet sich die Zahlungsmoral unter Einfluss der Rezession wieder im Sinkflug, und das Debitorenrisiko steigt. Deshalb ist ein straffes Kreditmanagement für Zahnarztpraxen wichtiger denn je.
Und mit straff meine ich professionell. Nur ein professionelles Kreditmanagement bietet Gewähr
dafür, dass die Liquidität des Unternehmens sichergestellt ist. Eine nicht ausreichende Liquidität greift die Substanz der Zahnarztpraxis an, sie ist der Atem des Unternehmens. Es geht um Sein oder Nichtsein. Wenn es kriselt erst recht.

Was verstehen Sie unter professionell?
Ein professionelles Kreditmanagement ist ein integrierter Prozess. Dieser umfasst die institutionalisierte vorgängige Bonitätsprüfung, die lückenlose Leistungserfassung, die frühzeitige
Erstellung der Honorarnoten, ein straffes Mahnwesen, das Anbieten von Teilzahlungsvereinbarungen,
die professionelle Einleitung und Begleitung von Inkassoprozessen bis hin zur Verwertung von Verlustscheinen und so weiter. In einer gut geführten Zahnarztpraxis ist das mehr als nur gerade ein Nebenbei-Job.

Sie sprechen den Outsourcing-Gedanken an.
Sicher ist, dass ein professionelles Kreditmanagement personelle Ressourcen bindet, die anderweitig besser eingesetzt werden können. Eine Dentalassistentin, die sich vor allem um Papierkram kümmert und immer wieder Rückfragen von Patienten zu finanziellen Angelegenheiten beantworten muss, ist
schlicht und einfach falsch eingesetzt. Hier geht es um eine rein betriebswirtschaftliche Frage. Eine Zahnarztpraxis, die sich darauf konzentriert, unter Einbezug des ganzen Teams eine möglichst hohe Dienstleistungsqualität zu erzielen, verschafft sich eine stärkere Marktposition und verdient letztlich ganz einfach mehr Geld. Eine Auslagerung des Kreditmanagements ist fast in jedem Fall die betriebswirtschaftlich vernünftigere Lösung. Übrigens auch in qualitativer Hinsicht. Professionalität
bringt auch im Kreditmanagement einen klaren Mehrwert.

Wird die zahnmedizinische Branche in der Schweiz die gegenwärtige Krise meistern?
Ich mag das Wort Krise nicht. Reden wir lieber von Chancen. Zahnarztpraxen, die ihr Kreditmanagement
jetzt auf Vordermann bringen und sich mit allen Kräften auf den Markt konzentrieren, werden gestärkt aus der rezessiven Phase hervorgehen. Und sie werden die ersten sein, die dereinst vom wieder einsetzenden Aufschwung profitieren.

(Erstmals erschienen in der Dental Tribune Switzerland 9/2009.)

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