KÖLN – Der VDDI feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Dies gibt Anlass für einen Streifzug durch ein Jahrhundert faszinierender dentaler Innovationen. Am Beispiel der prothetischen Versorgung lässt sich vortrefflich darstellen, mit welchem Pioniergeist es der deutschen Dentalindustrie gelang, Werkstoffe und Verfahren über Generationen hinweg stetig zu optimieren.
Gerade in Deutschland waren mutige Unternehmer oft ihrer Zeit weit voraus. In enger Verzahnung mit Hochschullehrern, Zahnärzten und Zahntechnikern entwickelten sie unzählige Dentalprodukte und Anwendungstechnologien, die überall auf der Welt höchste Wertschätzung erfahren. Im Ergebnis führte dies zu mehr Lebensqualität durch eine signifikant verbesserte Mundgesundheit.
Am Beispiel der prothetischen Versorgung lässt sich vortrefflich darstellen, mit welchem Pioniergeist es der deutschen Dentalindustrie gelang, Werkstoffe und Verfahren über Generationen hinweg stetig zu optimieren. Dabei kann man aber nicht davon sprechen, dass die Menschen vor 100 Jahren „unzureichend“ versorgt gewesen wären. Noch zählten Prothesen aus Kautschuk zum Standard – für die damalige Zeit ein großer Fortschritt. Die Verarbeitung dieses Materials erfolgte in einem Polymerisierkessel. Mit diesem innovativen Verfahren war es erstmals möglich, exakt sitzende und funktionstüchtige Voll- und Teilprothesen anzufertigen. Letztere befestigte man mittels Klammern am Restgebiss.
Die deutsche Dentalindustrie brachte seit den 30er Jahren eine wesentliche Verbesserung für viele Patienten auf den Markt. Dabei handelte es sich um innovative Kunststoffe, die dem bis dato verwendeten Naturkautschuk in vielerlei Hinsicht überlegen waren.
Innovation Gusstechnik
Mit der Entwicklung der Gusstechnik gelang es der Zahntechnik, individuelle und hochpräzise Gerüste wirtschaftlich anzufertigen. Der apparative Aufwand war gewaltig. So wurden zum Beispiel Schleudern benötigt, um die verflüssigte Legierung in die vorgesehene Form zu bringen.
In den 20er Jahren begann die systematische Optimierung der Dentallegierungen. Als Folge davon gelang es in den 50er Jahren, mit den neuentwickelten Gusslegierungen das ganze Indikationsspektrum abzudecken. Es reichte von Einflächenfüllungen über Kronen und kleine Brücken bis hin zu Modellgussprothesen. Legierungen und Verfahrenstechniken unterlagen steter Optimierung. Was einst mit der Handschleuder begann, findet heute im prozessorgesteuerten Vakuumdruckguss seine Fortsetzung. All diese Fortschritte wurden maßgeblich von der deutschen Dentalindustrie vorangetrieben.
Innovation Metallkeramik
Teilweise gleichzeitig legten Zahntechniker und Industrie die Grundlagen für die zahnfarbene Verblendung von Metallgerüsten. Bereits vor über einhundert Jahren beschrieb der deutsche Zahnarzt Wilhelm Herbst1 ein Verfahren zum Emaillieren von Kronen. Als „Metallkeramik“ revolutionierte diese Technik Jahrzehnte später die Zahntechnik. Zur Realisierung bedurfte es einer ausreichend festen aufbrennfähigen Legierung und geeigneter Brennöfen.
Im neuen Jahrtausend hat mit dem yttriumoxidteilstabilisierten Zirkoniumdioxid (Zirkon) ein Werkstoff Dentalkarriere gemacht, der zuvor bereits in Sportwagen-Bremsen und Hüftendoprothesen Anwendung gefunden hatte. Auch hier gingen viele Impulse von der deutschen Dentalindustrie aus. Das Ergebnis entspricht dem Patientenwunsch nach einer natürlichen Zahnästhetik in hohem Maße.
Innovation 3D-Druck
Heute wird zwischen abtragenden Verfahren durch Schleifen und aufbauenden Verfahren unterschieden, wie etwa dem 3D-Druck in Kunststoff. Er liefert Teilprothesen sowie temporäre Kronen und Brücken aus einem Harz. Für die definitive Versorgung müssen diese Formen allerdings oft gusstechnisch weiterverarbeitet werden. Dagegen erhält man bei einem anderen aufbauenden Verfahren, dem Lasersintern, die Kronen, Brücken und Teilprothesen bereits in einer Dentallegierung. In der Zahntechnik ist der 3D-Druck bzw. das „Additive Manufacturing“ seit einigen Jahren durch industrielle laserbasierte Verfahren bekannt, unter anderem als Selektives Laserschmelzen, SLM-Verfahren („selective laser melting“), Selektives Lasersintern (SLS), Direktes Metall-Lasersintern (DMLS) oder Lasercusing.
Selbstverständlich müssen die gedruckten Objekte mindestens so gute physikalische Eigenschaften (z.B. Bruchdehnung) aufweisen wie die Ergebnisse der Gusstechnik. Diese stellen daher in gewissem Sinne den Standard dar. Zu den Errungenschaften der Dentalindustrie zählt es daher auch, über ein Jahrhundert hinweg immer bessere Werkstoff-Prüfmethoden (z.B. für Härte, Zugfestigkeit, Ermüdungsfestigkeit) entwickelt zu haben. So sind deutsche Dentalwerkstoffe Garant für höchste Mundverträglichkeit.
Die Innovationszyklen in der prothetische Patientenversorgung stellen nur ein Beispiel von vielen dar und sind sicher nicht vollständig. Denken wir nur an das große Feld der Implantologie mit all den herausragenden Neuentwicklungen aus Praxis, Wissenschaft und Industrie. Ob im Bereich der Prophylaxe, der Diagnostik oder beispielsweise der intraoralen Datenerfassung, die Effizienz bestehender Behandlungskonzepte wird weiter steigen. Auch gilt es, sich auf zunehmend anspruchsvollere und ältere Patienten einzustellen. Die deutsche Dentalindustrie ist hierfür bestens gerüstet. Mit ihr als starken Partner können sich Praxen wie Labors souverän der Zukunft stellen.
So hat die Zahnheilkunde in den vergangenen 100 Jahren eine rasante Entwicklung durchlaufen. Sie ist getrieben von leidenschaftlichen Zahntechnikern und Zahnärzten sowie einer innovativen deutschen Dentalindustrie, vertreten durch den VDDI. Diese nimmt Impulse auf, die sie mit ingenieurtechnischem Know-how kombiniert und in ausgereiften Produkten zum Wohle des Patienten umsetzt.
Literatur
1. Herbst, Wilhelm: Methoden und Neuerungen auf dem Gebiete der Zahnheilkunde, Odontologische Verlagsanstalt, Berlin 1895
BERN - Am 7. März feiert die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) ihren 125. Geburtstag. Gründervater Friedrich Wellauer bezeichnete ...
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