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Ärzteschaft befürchtet Zunahme der Bürokratie

FMH

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Di. 17 Januar 2012

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Die Ärzteschaft identifiziert sich stark mit ihrer Tätigkeit und ist überdurchschnittlich leistungsbereit. Dies hat eine Umfrage des Forschungsinstituts gfs.bern unter der Ärzteschaft ergeben. Die Befragten befürchten aber eine weitere Zunahme der Bürokratie und haben ein gewisses Unbehagen gegenüber der SwissDRG-Einführung.

Begleitstudie aus Anlass der Einführung von SwissDRG im Auftrag der FMH

Das neue Jahr leitet im Gesundheitswesen auch eine neue Zeitspanne ein: die schweizweite Einführung des Fallpauschalensystems SwissDRG. Seit 1. Januar 2012 werden alle stationären Spitalbehandlungen anhand von festgelegten medizinischen Kriterien einer Fallgruppe zugeordnet und pauschal abgerechnet. Welche Auswirkungen erfolgen dabei für die Ärzteschaft im Berufsalltag? Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH möchte wissen, wie ihre Mitglieder die Situation vor und nach der Einführung einschätzen, damit allfällige Fehlentwicklungen frühzeitig aufgedeckt werden. Dafür hat sie eine Befragung beim Forschungsinstitut gfs.bern in Auftrag gegeben.

Hohe Berufsidentifikation

Das wichtigste Ergebnis der Studie vorweg: Die rund 1200 Spitalärztinnen und -ärzte sowie 270 ambulant tätige Medizinerinnen und Mediziner, die im Sommer 2011 befragt wurden, identifizieren sich stark mit ihrem Beruf. So ist eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent der Spitalärzteschaft mit ihrer Tätigkeit zufrieden. Trotz hoher Arbeitspensen zeichnet sie sich durch eine überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft aus. Doch diese hohe Berufsidentifikation sehen Ärzte zunehmend gefährdet durch Vorgänge, für welche SwissDRG exemplarisch stehen könnte – die Einschränkung der nach wie vor bestehenden Behandlungsfreiheit zum Beispiel. Die Ärztinnen und Ärzte befürchten für die Zukunft, dass eine qualitativ hochstehende Behandlung, wie sie heute Standard ist, aufgrund des zunehmenden Kostendrucks in den Hintergrund treten würde und sie dadurch die Patienten nicht mehr optimal behandeln könnten.

Ebenfalls Bedenken äussert die Ärzteschaft gegen die zunehmende Bürokratie. Unabhängig vom angewandten Tarifsystem nimmt der administrative Aufwand für die Mehrheit der befragten Ärztinnen und Ärzte zu. Insbesondere Assistenzärzte verbringen jetzt schon fast gleich viel Zeit mit Dokumentationsarbeiten als mit effektiven patientennahen Tätigkeiten. Nur ein Viertel der befragten Ärzte stimmt der Aussage zu, dass dank effizienter Prozesse heute die Konzentration auf die medizinische Tätigkeit besser ist. Daher sind die Abläufe und die IT-Infrastruktur in den Spitälern so auszugestalten, dass sich der administrative Aufwand in Grenzen hält. So können sich Ärzte auf ihre medizinischen Kompetenzen konzentrieren und ihren Befürchtungen zu SwissDRG wird keinen Vorschub geleistet.

Kritische Haltung unabhängig vom Informationsstand

Die Mehrheit der Ärzteschaft ist der Einführung von SwissDRG gegenüber zurzeit skeptisch eingestellt, wie die Studie darlegt. Diese Vorbehalte hängen aber nicht wesentlich vom Wissenstand der Ärztinnen und Ärzte ab: Nur einer von fünf Ärzten weiss gut oder sehr gut Bescheid übers neue Tarifsystem. Die kritische Haltung zu SwissDRG vertreten knapp mehrheitlich auch Personen, die bereits mit Fallpauschalen arbeiten. Und dies, obwohl mögliche negative Folgen wie ‹blutige Entlassungen›, wenn Patienten aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig heimgeschickt werden, bislang ausgeblieben sind.

Ökonomisches Wissen wird für die Ärzteschaft zunehmend wichtig. Die FMH nimmt diesen Trend auf und setzt ihre Informationsaktivitäten wie Präsentationen in Spitälern und Fachgesellschaften, Fortbildungsseminare sowie Artikel in internen und externen Medien fort. «Wir werden gemeinsam mit den Fachgesellschaften und den Spitälern zusätzliche Massnahmen prüfen, um den Informationsgrad zu Abrechnungsfragen zu erhöhen», erklärt FMH-Vorstandsmitglied Dr. med. Pierre-François Cuénoud, Verantwortlicher Ressort SwissDRG. Erst die zweite Befragung von gfs.bern in ungefähr einem Jahr wird allerdings Aufschluss geben, ob und inwiefern sich die Befürchtungen der Ärzteschaft zu SwissDRG wie eine weiter ansteigende Bürokratie und eine eingeschränkte Behandlungsfreiheit tatsächlich bewahrheiten. Bereits jetzt gilt es jedoch, gemeinsam mit der Spitalverwaltung Gegensteuer zu geben.

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