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Neue Einblicke am Nobel Biocare Symposium

Prof. Dr. Dr. Georg Watzek, Wien, Prof. Dr. Regina Mericske-Stern, Bern, und Michael T. Studer, Geschäftsführer Nobel Biocare Schweiz & Österreich (v.l.n.r.). (Foto: J. Eschmann)
Dr. Marc Lumer

Dr. Marc Lumer

Do. 28 Oktober 2010

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ZÜRICH - Die Filmarena im Sihlcity in Zürich war vom 10. bis 11. September Schauplatz für das österreichisch-schweizerische Symposium. Über 345 Zahnärzte, Zahntechniker und Dentalassistentinnen bekamen in Vorträgen und Workshops das Neueste rund um die Implantologie vermittelt.

Zum Auftakt der Veranstaltung wurde ein Interview mit Per Ingvar Brånemark gezeigt. Er berichtete von seinem ersten Implantat, welches seit 45 Jahren in Funktion steht, und von den damaligen Reaktionen in der Fachwelt, wie z.B., dass Titan und menschliches Gewebe sich nicht vertragen würden. Er mahnte aber auch an, bei allen Neuerungen die Biologie zu berücksichtigen.

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Pink Esthetic Score und die richtige Implantatposition
Nach diesem einleitenden Interview folgte ein ausgezeichneter Vortrag von Prof. Dr. Rudolf Führhauser, Wien, über navigierte Ästhetik und den Pink Esthetic Score, wonach für ein optimales Behandlungsresultat in Bezug auf die Weichgewebssituation der richtige Emergenzpunkt wichtig ist. Die korrekte sagittale Position des Implantates nimmt hier eine Schlüsselstellung ein. Der Emergenzwinkel und das Alter des Patienten korrelieren ebenfalls mit der Rezession des Weichgewebes am Implantat. Ein zu breites Abutment, dass das Weichgewebe verdrängt, sollte auch möglichst vermieden werden.

Erfahrungen mit schablonen­geführter Implantation
Dr. Roland Glauser, Zürich, referierte über Erfahrungen mit Nobel Guide im teilbezahnten Kiefer und empfahl, die Schiene möglichst dental abzustützen und gegebenenfalls mit Fit Checker zu optimieren, um eine bessere Passgenauigkeit der Schiene zu erzielen. Dr. Glauser wies darauf hin, dass die unabdingbare Präzision auch vom verwendeten DVT-Gerät abhängen kann und die Kalibrierung des Gerätes halbjährlich wiederholt werden solle. Probleme bei der Auswertung der DVT-Daten stellen immer wieder Metall-Artefakte dar. Weiter berichtete er, dass die Ausfallquote bei dem untersuchten Patientenkollektiv nach 5 Jahren bei 5 % lag. Nach 10 Jahren zeigten Extensionsbrücken sehr schlechte Ergebnisse. Häufigste Misserfolge nach 5 Jahren erfolgten durch das Chipping von Keramiken (13%).

Prof. Dr. Dr. Robert Haas, Wien, präsentierte die Ergebnisse aus 200 Fällen, die seit 2004 mit Nobel Guide geplant wurden. Für die Sofortimplantation empfahl er das Nobel Guide nicht zu benutzen, da es in zwei Fällen zu Sensibilitätsstörungen geführt hatte. Zusammenfassend stellte Prof. Haas über das Verfahren mit Nobel Guide fest, dass es ausreichend gute Genauigkeit für chirurgische Zwecke biete, dass kurze Implantate ≤ 10 mm im Unterkiefer ebenso zu vermeiden seien wie Schleimhautulzerationen durch Stanzung, dass 30–40 Ncm Eindrehtorque optimal seien und dass das Vorgehen mit Nobel Guide eine gewisse Lernkurve benötige.

Im folgenden Vortrag präsentierte Dr. Dr. Christoph Vasak, Wien, die mittels CT-basierter Evaluation ermittelte Genauigkeit der in Echtzeit navigierten Implantation und der schablonengeführten Implantation. Dabei zeigte sich, dass beide Verfahren noch deutliche Schwächen in der Präzision haben. Die ex-vivo Implantation mit RoboDent wies Abweichungen von durchschnittlich 8° bis maximal 23° auf, die schablonengeführte Implantation erzielte ähnliche Ergebnisse mit Abweichungen von der Planung von durchschnittlich 9° bis maximal 23° und Abweichungen an der Implantatspitze bis 2 mm, was deutlich zu viel ist.
PD Dr. Dr. Dennis Rohner, Aarau, verdeutlichte das Problem der metallenen Artefakte in der virtuellen Implantatplanung mittels DVT- und CT-Aufnahmen und beschrieb die chirurgischen und prothetischen Risiken und Nutzen der virtuellen Planung. Zu den Risiken zählen die „blinde Landung“ und dass Fehler nicht bemerkt werden könnten, zu den Nutzen gehören anscheinend weniger Stress für den Patienten und eine verkürzte Operationszeit, wobei diese eher auf das flapless design zurückzuführen sind als auf die Verwendung einer Schiene. Ein weiterer Nutzen besteht in der Optimierung der Implantat-Okklussionsausrichtung.

Die Implantologie muss die Biologie unterstützen
Von der biologischen Seite her betrachtete Dr. Peter Schüpbach, Horgen, die Interaktionen zwischen Knochen, Weichgewebe und Implantat und erklärte, dass die Benetzbarkeit des Implantates (s. Hydrophilie z.B. bei SLActive-Implantaten) eine untergeordnete Rolle bei der Einheilung spielt. Für das Weichgewebe stellt die Abutmentauswahl jedoch eine wichtige Entscheidung dar. Bei Zirkonabutments zeigte sich nämlich festeres Saumepithel als um Titanabutments. Das Zirkon sollte jedoch nicht zu stark poliert werden. Damit die zirkulären Sharpeyschen Fasern nicht zerstört werden, sprach er sich gegen die Punch-Technik aus.
Einen weiteren interessanten Beitrag bot Prof. Dr. Georg Mailath-Pokorny, Wien, mit dem Thema Sofortimplantat und Sofortbelastung, indem er den Oberkiefer-Seitenzahnbereich als risikoreiche Verlustzone entlarvte und im unteren seitlichen Schneidezahnbereich die Gefahr der lingualen Perforation ausmachte. Er kritisierte die viel zitierte Araujo-Studie zum Bündelknochen und präsentierte zugleich den Fehler, den Araujo machte. Er setzte nämlich zu grosse Implantate in die Alveolen, wo der Bündelknochen zurückging, und wo Araujo kleine Implantate in grosse Alveolen inserierte, bildete sich Knochen in dem verbliebenen Spalt. Prof. Mailath-Pokorny fasste zusammen, dass die Erfolgsrate von Sofort- und Spätimplantaten ähnlich ist und lediglich der Verlustzeitpunkt sich unterscheide. Sofortimplantate gehen eher nach 3 Monaten und Spätimplantate eher nach 6 Monaten verloren, wobei die häufigsten Verluste im Prämolarenbereich stattfinden. Der Eindrehmoment und die ISQ-Werte (Implantatstabilitätsquotient) haben jedoch keinen Einfluss auf den Implantatfortbestand, meinte Prof. Mailath-Pokorny. Die Sofortimplantation zeigte die niedrigsten postoperativen Beschwerden und dürfte damit auch eine breite Akzeptanz unter den Patienten finden.

Infektionskontrolle durch Totalausräumung
Anschliessend referierte Prof. Dr. Dr. Georg Watzek, Wien, über die bimaxilläre Rekonstruktion und beschrieb darin das therapeutische Vorgehen für eine radikale Ausräumungsmethode: alle Zähne raus – Implantate rein – provisorische Versorgung drauf innert weniger Stunden, was die psychische Belastung für den Patienten reduzieren soll. Nachteile dieser bimaxillären Sofortversorgung sind die hohen logistischen und prothetischen Aufwände sowie die schwierige Implantatpositionierungsplanung, insbesondere wegen dem „Walking down maneuver“, also dem Abgleiten des Bohrers in eine falsche Position. Im Vordergrund dieser Strategie stehen jedoch das reduzierte Infektionsrisiko durch die Totalausräumung potenzieller „Zeitbomben“ und eine kurze Gesamtbehandlungszeit. Wie auch in diesem Vortrag deutlich wurde, reichen 4 Implantate für die Versorgung eines ganzen Kiefers aus.

Gegen Abend referierte Dr. Jens Wegmann aus Köln dann über die „HDIWN-Methode“. Dieser Vortrag entpuppte sich erst nach und nach als das, was es ist: beste Unterhaltung. Der „Comedy-Referent“ war unumstritten der unterhaltsamste „Redner“ des Tages, ging es doch hierbei um die Hauptfaktoren des Erfolges. Pointiert und mit einer rhetorischen Finesse verzauberte er das Auditorium und brachte die Quintessenz aller implantologischen Bemühungen auf den Punkt: Hauptsache das Implantat wackelt nicht. Dies war der Übergang zum feierlichen Tagesausklang.

Am zweiten Symposiumstag verglich Dr. Bernhard Pommer, Wien, die Erfolgsrate kurzer Implantate mit derer von längeren Implantaten und befand die Verlustraten beider Gruppen gleich. Es gab aber Folgendes zu berücksichtigen. Kurze Implantatlängen können nicht durch erhöhte Durchmesser kompensiert werden und kurze Implantate benötigen raue Oberflächen.

Virtuelle Planung führt zu besserer Patienteninformation
Prof. Dr. Mericske-Stern, Bern, beschrieb die virtuelle Planung zur Versorgung zahnloser Kiefer mit implantatgetragener Prothetik, wobei der Trend weg von der Cover-Denture hin zur fixen Lösung geht. Ob Wrap-around oder Steglösung sei nun auch keine Kostenfrage mehr. Bei Stegen stellt sich eher die Problematik von Hyperplasien. Laut Frau Prof. Mericske-Stern bestehen die Vorteile der virtuellen Planung vor allem in der besseren Patienteninformation sowie in voraussagbaren Resultaten. Sie sieht die zukünftige Entwicklung bei der Versorgung mit Stegen oder Gerüsten vermehrt ohne Abutments, verschraubt und bedingt abnehmbar.

Prof. Dr. Martin Lorenzoni, Graz, stellte die Herausforderungen der Implantatrehabilation der Maxilla dar. Diese beginne bereits mit der Planung nach Analyse der dreidimensionalen Knochenmorpholgie. Unter Berücksichtigung der prognostischen Prothetik werden die Implantate geplant. Die Implantatabformung stellt eine weitere Herausforderung dar. Bei vier oder mehr Implantaten sollte offen abgeformt werden. Die ästhetischen Herausforderungen sind bekannt. Prof. Lorenzoni präsentierte eine Rezessionsdeckung mittels Tunneltechnik, um die nicht nur ästhetischen Herausforderungen in der Nachsorge zu demonstrieren.

Zirkon ist die Zukunft – und Gegenwart
PD Dr. Stefan Holst, Erlangen, erklärte die unterstützende Funktion des Zirkons bei der Weichgewebeheilung und befand für sich, dass individuelle Zirkonabutments der Standard sein sollten. Ausserdem empfahl Dr. Holst bei posterioren Versorgungen, wo die Zemententfernung schwieriger ist, ebenso wie bei mehrgliedrigen Versorgungen, dass eine verschraubte Lösung zu bevorzugen ist.

Der Vortrag von Dipl.-Ing. Michael Gödiker, Fachbereichsleiter F&E der Vita Zahnfabrik, beleuchtete die materialspezifischen Aspekte dentaler Keramiken und verdeutlichte nicht nur für die zahlreich anwesenden Zahntechniker die Fehlerquellen in der Herstellung vollkeramischer Arbeiten. Er wies auf die Trennung von Metall- und Keramikverarbeitung hin, damit Metallpulver die Keramik nicht verunreinige. Das Sandstrahlen von Keramiken ist mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr nötig. Für den Zahnarzt ist es wichtig zu wissen, dass eine fehlende Glasierung oder Politur nach dem Einschleifen zu Chipping oder Brüchen führen kann.

Mit einem Rückblick auf die Geschichte dentaler Keramiken begann der Vortrag von Dr. Urs Brodbeck, Zürich. Er empfahl bei dünner Mukosa bis hin zur 7er Position Zirkonabutments zu verwenden und für eine Höckerunterstützung zu sorgen, da es sonst zu Brüchen bei der Sinterkeramik kommen könnte. Die Vorteile des Zirkons bezüglich Plaqueakkumulation, Weichgewebsverhalten und Ästhetik wurden ein weiteres Mal unterstrichen. Dr. Brodbeck veranschaulichte das Vorgehen der intraoralen Bearbeitung von Zirkonabutments und der Übertragung ohne Abformpfosten.

In seinem Schlussvortrag sprach Prof. Dr. Dr. Watzek über computerunterstützte Implantologie und resümierte, dass diese die bisherigen Verfahren nicht ersetzen kann, aber sie kann ergänzen und helfen. Die Sofortimplantation steht absolut gleichwertig zur Spätimplantation da und ist ein schonendes Verfahren für den Patienten. Als Abschluss-Statement sagte Prof. Watzek, dass das Zirkon in Bezug auf die Suprastruktur nicht aufzuhalten ist, in Bezug auf die Implantate wird es die Zukunft zeigen.

Zum Schluss dankte Michael T. Studer, Geschäftsführer Nobel Biocare Schweiz & Österreich, den Tagungsleitern Prof. Dr. Mericske-Stern und Prof. Dr. Dr. Georg Watzek sowie allen Teilnehmenden für ihr Erscheinen. Das nächste Nobel Biocare-Symposium wird am 16. und 17. September 2011 in Wien stattfinden. Auf die Fortsetzung dieser Veranstaltung darf man sich schon heute freuen. 

Erschienen in der Dental Tribune Schweiz 10/2010.

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