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Weltweiter Schutz von Kindern und Schwangeren vor Amalgamfüllungen

World Alliance for Mercury-Free Dentistry. © IISD/ENB - Kiara Worth
IG Umwelt-ZahnMedizin (IgUZ)

IG Umwelt-ZahnMedizin (IgUZ)

Mi. 27 April 2022

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NUSA DUA, BALI – Auf der vierten UN-Konferenz der Minamata-Konvention über Quecksilber (21.–25. März in Bali) haben sich mehr als 130 Länder darauf geeinigt, vulnerable Bevölkerungsgruppen vor der Verwendung von Amalgam in der Zahnmedizin zu schützen. Ab dem 25. Juni 2022 sollen weltweit keine Amalgamfüllungen mehr bei Kindern, Schwangeren und stillenden Frauen verwendet werden.

Die Minamata-Konvention ist ein internationales Abkommen zur Verringerung der Emissionen von Quecksilber, das 2017 in Kraft getreten ist. Vertragsgemäß wurde die Liste der quecksilberhaltigen Produkte in diesem Jahr überarbeitet, weshalb unter anderem Amalgamfüllungen im Fokus standen. Sowohl die EU als auch die 37 Parteien der Afrikanischen Region hatten Vorschläge zur Regulierung der Verwendung von Amalgamfüllungen eingereicht. Der Vorschlag der Afrikanischen Union sah
einen generellen Ausstieg bis 2029 vor, während die EU forderte, zunächst nur die derzeit in Europa geltenden Maßnahmen in den Vertrag aufzunehmen.

Im Vorfeld der Konferenz wurden den Parteien vom Sekretariat der Konvention und der WHO Informationen über die Verfügbarkeit von Alternativen und Erfahrungen mit dem schrittweisen Ausstieg zur Verfügung gestellt. Die WHO forderte eine weltweite Umstellung auf „minimalinvasive“ und quecksilberfreie Zahnmedizin. So musste die Afrikanische Region nach langen Diskussionen dem Druck nachgeben und stimmte einem etwas verwässerten Vorschlag der EU und einem Kompromiss bei der Forderungen nach nationalen Plänen zu.

Ab dem 25. Juni 2022 gilt:

• Amalgam soll nur noch in verkapselter Form verwendet werden.
• Jede Partei soll von der Verwendung von Amalgam bei Milchzähnen, Patienten unter 15 Jahren, Schwangeren und stillenden Frauen abraten oder diese ausschließen bzw. verbieten, indem sie entsprechende Maßnahmen ergreift, es sei denn der Zahnarzt hält dies für notwendig aufgrund der Bedürfnisse des Patienten.

Außerdem soll ein überarbeitetes Berichtsformat der Minamata Konvention erstellt werden, um Informationen über die ergriffenen Maßnahmen zur Verringerung der Verwendung von Amalgam zu sammeln.

In der EU sind Amalgamfüllungen bei Kindern bis zu 15 Jahren, Schwangeren und stillenden Frauen bereits seit 2018 verboten und alle Mitgliedstaaten haben nationale Pläne zum Ausstieg verfasst. Ein Gesetzentwurf der Europäischen Kommission für eine EU-weite Regelung wird bis Jahresende ausgearbeitet.

„Es gibt keine Ausreden mehr“
Florian Schulze, Geschäftsführer der IG UmweltZahnMedizin, Leiter des European Centers for Environmental Medicine und Vizepräsident (für Europa) der World Alliance for Mercury-Free Dentistry, hat als Experte an der Konferenz teilgenommen. Er begrüßt die Entscheidung: „Die Welt ist sich einig, dass Amalgam für Kinder und andere vulnerable Gruppen nicht sicher ist – weder im Mund noch in ihrer Umwelt. Das ist ein erster Schritt.“ „In Europa sind wir bereits auf der Zielgeraden.
Jetzt müssen wir so schnell wie möglich anderen Ländern helfen. In Afrika gibt es kaum eine Infrastruktur, um die giftigen Abfälle zu entsorgen. Sie wollen lieber aussteigen, als diese aufbauen zu müssen; wo doch Amalgam ohnehin keine Zukunft hat“, so Schulze weiter. „Wir erwarten auch von Deutschland, den Amalgam-Ausstieg noch in diesem Jahr zu beschließen. Polen hat es im Februar vorgemacht und Amalgamfüllungen ohne eine Übergangsphase aus den gesetzlichen Kassenleistungen gestrichen. Es gibt keine Ausreden mehr. Selbst die Hersteller von Amalgam verlassen das sinkende Schiff.“

Seit Mai 2021 sind die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen (durch die neue Medizinprodukte-Verordnung) deutlich gestiegen und stellen eine Herausforderung für die Zulassung von Amalgamfüllungen in Europa dar. Hersteller müssen jetzt nachweisen, dass die Freisetzung von Quecksilber und anderen Bestandteilen von Amalgam die Sicherheitsschwellenwerte unter allen möglichen Bedingungen wie Zähneknirschen, Kauen, Alterskorrosion oder oralem Galvanismus nicht überschreitet. Sollte sich die Hürde als zu hoch herausstellen, würde die Verfügbarkeit spätestens im Mai 2024 versiegen. Bislang wurde keine Zulassung nach diesen neuen Kriterien erteilt, im Gegenteil: Eine aktuelle Recherche der IG Umwelt-ZahnMedizin hat ergeben, dass bereits Dentsply Sirona, Kerr, Ivoclar, Ardent, DMP, DMG und Unodent aus dem
Geschäft in Europa ausgestiegen sind oder angekündigt haben, auszusteigen.

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