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Die „Neue Gruppe“ tagte in Zürich

Dr. med. dent. Roman Wieland

Dr. med. dent. Roman Wieland

So. 13 November 2011

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ZÜRICH - Die „Neue Gruppe“ tagte in Zürich. Insgesamt über 270 Teilnehmer belegten das Interesse am Kongress-Thema "Digitale Zahnmedizin – Diagnostik, Planung und Umsetzung". Med. dent. Roman Wieland war dabei.

Für die vielen aus Deutschland angereisten Gäste und der Jahreszeit entsprechend, wurde der gesellschaftliche Teil mit Fondueschiff, Zunfthaus zur Zimmerleuten und Zürcher Altstadt passend gewählt. Präsident Dr. Alessandro Devigus führte souverän durch den ganzen dreitägigen Kongress, der von der Fortbildung Rosenberg organisiert wurde.

 

Am Tag vor dem Haupt-Kongress vom 28. bis 29. Oktober im Zürcher Marriott, berichtete Prof. Pascal Magne über die neuesten Erkenntnisse der Veneerversorgung. Der gebürtige La Chaux-de-Fonnier arbeitet heute an der USC in Los Angeles und gab einen ganztägigen Workshop.

Wettrennen “Bohrer vs. Maus”

Den Eröffnungsvortrag „Digitale Zahnmedizin - Alltag oder Zukunft”, hielt PD Dr. Ronald Jung, ZZM Zürich. Vom Einkauf bis zur Partnersuche alles digital, braucht der Zahnarzt überhaupt noch einen Bohrer oder reicht die Maus? Am Beispiel der Anzahl Schritte, die für eine implantat-prothetische Versorgung von der Planung bis zum Ende nötig sind, verglich PD Jung die digitale mit der konventionellen (analogen) Zahnmedizin. Für die Planung und Bildgebung sind momentan etwa gleich viele Schritte erforderlich, in Zukunft wird aber dank der guten digitalen Vernetzung Vieles einfacher. Für die digitale 3D-Planung, wie auch für die Schienenführung braucht es heute noch eindeutig mehr Schritte als in der manuellen Variante. Bei den vielen Schritten können sich kleine Ungenauigkeiten einschleichen. Dies, zeigen systematische Reviews mit teils extremen Abweichungen. Mit zwei Ansätzen versucht man eine Verbesserung: Eine geringere Anzahl Schritte und eine rein digitale Verarbeitung um damit vielen Wechsel zwischen analog und digital zu vermeiden. Seit zwei Monaten hat die Universität Zürich dazu einen 3D-Drucker mit dem verschiedene Schienen untersucht werden. Die aktuell zur Forschung verwendeten Schienen sind eher wie ein Gerüst designd, mit dem Vorteil der besseren Kühlung und einfacherem Zugriff. Zur Implantation selbst sind bei digitalem als auch manuellem Vorgehen ähnlich viele Schritte nötig. Die digitale Implantatsetzung ist aber gemäss einer laufenden Studie leicht präziser. Der zeitliche Mehraufwand für die digitale Planung wird durch eine schnellere Operation des Patienten wieder eingespart. Für sehr komplexe Fälle mit äusserst wenig Knochen ist die digitale Planung mit schablonengeführter Implantologie eindeutig im Vorteil.

Für die Abformung sind es momentan noch in etwa gleich viele Schritte. Im digitalen Workflow ist die die Modellherstellung deutlich einfacher. Beim Versand über die Grenze kann es zu Verzögerungen kommen, ein Vorteil für den heimischen Zahntechniker. Provisorien und die prothetische Versorgung lassen sich in Zukunft mittels 3D-Drucker und weiteren CAD/CAM-Techniken deutlich einfacher herstellen. Die Nachsorge der Versorgungen wird in Zukunft einfacher werden, Scans verschiedener Zeitpunkte können verglichen werden. Zusammenfassend gewinnt momentan der Bohrer knapp das Rennen aufgrund leicht geringerer Anzahl Schritte. In naher Zukunft, wenn alle Schritte vernetzt sind, wird die Maus gewinnen.

Soll ich in die digitale Farbwahl investieren?

PD Dr. Stefan Paul, Zürich berichtete über die Farbwahl: Von der Definition des Farbspektrums, der physiologischen Farbwahrnehmung, der Farbnahme, bis hin zur Studienübersicht und der Farbwahl im Praxisalltag. Weil das menschliche Auge viel empfindlicher auf Helligkeit als auf den Farbton reagiert, empfiehlt PD Paul den klassischen VITA-Farbschlüssel nach Helligkeit und nicht nach Farbton zu ordnen. Aufgrund der unterschiedlichen Farbwahl bei unterschiedlicher körperlicher Verfassung, oder unterschiedlicher Beleuchtungen ist die digitale Farbwahl mittels eines spektrophotometrischen Gerätes vorzuziehen. Leider gibt es zur digitalen Farbwahl kaum Studien, es ist aber klar ersichtlich, dass die Reproduzierbarkeit hoch ist.

Der Wurzelanatomie digital auf der Spur

Viele Studien zeigen, dass nur ca. 80% der Wurzelkanaloberfläche bearbeitet werden. Dr. Frank Paqué, Zürich zeigte viele Bider aus dem Mikro-CT wie die Anatomie sehr verschieden sein kann. Verschliesst sich ein Kanal im Wurzelbereich scheinbar auf dem Röntgenbild, handelt es sich oftmals um ein typisches Zeichen für einen weiteren Kanal. Trotz neuester Feilen wie der “self-adjusting-file”, ist die sorgfältige, chemische genügend lange Spülung und Reinigung äusserst wichtig, solange die Lichtleiter für Laser und photodynamische Therapie noch zu dick sind.

Die digitale dynamische Okklusion

Das digitale Scannen von Zähnen ist kein Problem mehr, Kauflächen zu gestalten ist aus Sicht der Forschung auch gelöst, einzig die Gestaltung der Okklusion ist noch nicht ganz gelöst. Prof. Albert Mehl, ZZM Zürich, berichtete über die neuesten Entwicklungen der digitalen Okklusion, um von der Abformung direkt zur Gestaltung der Okklusion zu gelangen. Erste puderfreie Systeme sind bereits erhältlich, die damit erzielten Aufnahmen sind sehr gut, einzig an der Grösse der Handstücke muss noch gearbeitet werden. Mittels neuester Software lassen sich Bewegungen des Unterkiefers simulieren und verschiedene Farben zeigen die Kontaktpunkte an. Prof. Mehl kritisierte die heute auf dem Markt erhältlichen virtuellen Artikulatoren, die nichts weiter sind als deren digitale Abbilder. Am optimalsten ist die simple Darstellung der Zahnreihen und der beiden Kiefergelenke, um die von früher stammende mechanische Denkweise möglichst zu vermeiden.

Flughafen-Feeling an der Kieferorthopädie Bern

Prof. Kristos Katsaros, ZMK Bern, zeigte anschaulich, wie er seine kieferorthopädische Abteilung in den vergangenen Jahren digitalisierte. Vom Self-Check-In bis zur 3D-Fotografie und waschbaren Computermäusen wurden die Behandlungsplätze auf den neusten Stand gebracht. Die 3D-Fotografie ist blitzschnell, selbst ungeduldige Kleinkinder mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten können fotografiert werden und lassen statistische Vorher-Nachher- Vergleiche zu. Prof. Katsaros warnte vor der möglicherweise bis zur 20-fach höheren Strahlendosis eines DVT im Vergleich zum OPT. Nur zur routinemässigen Überprüfung sollte kein DVT erstellt werden, speziell bei jüngeren Patienten, bei denen die Gefahr von Strahlenschäden grösser ist. Gemäss einer Studie, in der Radiologen, von Zahnärzten erstellte DVTs begutachteten, wurden in einem Drittel der Fälle Zufallsbefunde entdeckt. Dies zeigt wie wichtig die gründliche Befundung eines DVTs ist. Das digitale Archivieren von Modellen spart nicht nur Platz, sondern lässt auch die Einbindung in pdf-Dokumenten mit speziellem Plug-In zu.

Aktuelle Anwendungsgebiete und Limitationen des DVT

PD Dr. Dirk Schulze, DE-Freiburg i. Br. betonte, dass ein Röntgenbild nur eine Momentaufnahme ohne Verlauf darstellt. Mittels überraschenden Bildern zeigte PD Schulze wie auf einem OPT aufgrund der Schichtaufnahmetechnik Befunde übersehen werden, die im DVT einfach zu erkennen sind. Für ihn sind Flatpanel-DVT-Systeme die Zukunft, andere Geräte werden verschwinden, obwohl in den USA noch weit verbreitet. Mit einer Strahlenbelastung von 100 - 200 Mikrosievert, sei ein DVT in etwa so schädlich wie die kosmische Strahlung bei einem Retourflug Zürich - New York.

Apple-Philosophie in der schienengeführten Implantologie

Dr. Pascal Marquardt und Ingenieur Florian Schober von der Universität Zürich berichteten über die neusten Entwicklungen in der schienengeführten Implantologie. Angefangen bei den ersten Anfängen mit Nobel Guide, über die Produkte von Med3D bis zu SMOP der volldigitalen Planungssoftware. Mittels einer Wunschdenken-Präsentation, keiner Selbstkritik scheuenden Art- und Weise, präsentierten Marquardt und Schober eine Software, wie in Zukunft die schienengeführte Implantologie auszusehen hat. Es werden keine Referenzschienen oder Röntgenschablonen mehr benötigt, die ganze Planung läuft über den Computer und resultiert mit einer Schiene von einem 3D-Drucker. Ein benutzerfreundliches Interface mit Möglichkeit zur Fallbesprechung mit Kollegen, offenen Schnittstellen sowie fallbezogene Abrechnung wird gewünscht. Die Software “SMOP” wird von Swissmeda AG hergestellt und ermöglicht mit nur einem DVT und einem digitalen Scan der Zahnreihen eine Implantatschiene herzustellen, sämtliche Schritte verlaufen vollständig digital. Momentan laufen verschiedene Studien, welche die Genauigkeit, Wirtschaftlichkeit und Vorteile für den Patienten untersuchen. Erste Vorabresultate zeigen gute Ergebnisse, ein leichter Trend zugunsten der stereolithographisch hergestellten Schienen ist zu sehen.

Möglichkeiten und Grenzen eines neuen Workflows

PD Dr. Irena Sailer, ZZM Zürich berichtete über die Möglichkeiten und Grenzen des digitalen Workflows bei der Abformung im Vergleich zum konventionellen Arbeiten mit Genauigkeit, Effizienz und Konnektivität. Alle Systeme wurden mit ihrer technischen Funktion gezeigt, wie richtig und präzis sie messen und welche Studien dazu laufen. Zu bedenken ist, dass optische Scanner in Laborversuchen oftmals sehr gute Ergebnisse zeigen, im Mund aber, bedingt durch ihre Techniksensitivität, oftmals keine optimalen Ergebnisse liefern. Momentan sind stereolithografisch hergestellte Modelle in ihrer Auflösung noch nicht so präzise, wie konventionelle Abformungen und Gipsmodelle.

Orale Scanner im Vergleich

Jedes digitale Abformungssystem wurde in einer halbstündigen Präsentation live vorgeführt, von Dr. Allesandro Devigus moderiert und durch kritische Fragen ergänzt.

Jörg Haselbauer von Sirona führte das Cerec mit neuester 4.0 Software vor, die ab ca. Februar 2012 erhältlich sein wird. Die Benutzeroberfläche ist klar strukturiert und führt den Anwender einfach durch den Prozess. Von Sirona sei in nächster Zukunft einiges zu erwarten, denn im neuen „Innovative Center“ entwickeln 80 Software- und Hardware-Ingenieure neue Produkte.

Dr. Norbert Überrück von Heraeus Kulzer präsentierte das Cara Trios welches in Kooperation mit 3Shape entwickelt und ab Januar 2012 erhältlich sein wird. Das Cara Trios konzentriert sich lediglich auf die Abformung, es können damit keine Rekonstruktionen hergestellt werden. Durch die puderfreie Abformung und dem Touchscreen ist ein einfaches Handling gewährleistet.

Das bereits auf dem Markt erhältliche Lava COS System von 3M ESPE wurde von Barbara Buchegger an einem Phantomkopf demonstriert und überzeugte durch ein angenehmes Handstück, geringer Menge an Puder und einer klaren Preisstruktur.

Markus Ried von Straumann präsentierte das Cadent iTero System. Für das kommende Jahr sind Kooperationen mit anderen Firmen angekündigt, um eine möglichst grosse Materialvielfalt zu bieten.

Gefräste PMMA VerNon-Präp-Table-Tops

Prof. Daniel Edelhoff von der Ludwig Maximilian Universität in München referierte über die neusten Anwendungsgebiete von Hochleistungspolymeren. Vom Einmalexkavator Polybur bis zu hauchdünn ausgefrästen Langzeitprovisorien hat dieses Material grosses Potential. Mittels vieler hochaufgelöster Makroaufnahmen zeigte Prof. Edelhoff Fälle mit beeindruckenden Versorgungen. Diese PMMA-Versorgungen sind aber nicht für die Ewigkeit gedacht und müssen sich zudem noch in klinischen Studien bestätigen.

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